Der ungeliebte Jara schmollt und geht

Weil die Fans ihren österreichischen Trainer Kurt Jara nicht angemessen verehren, verlässt der den 1. FC Kaiserslautern vorzeitig. Bereits am Sonntag in Bielefeld sitzt deshalb Amateurtrainer Hans-Werner Moser auf der Bank

KAISERSLAUTERN taz ■ Die große Liebe war es nie, von Anfang an nicht. Zu sehr hatten die Fans des 1. FC Kaiserslautern ihren ehemaligen Trainer Erik Gerets verehrt, als dass sie dessen Nachfolger Kurt Jara bei dessen ersten Spiel und Sieg mit den Roten Teufeln hätten feiern wollen; am 7. Februar vor einem Jahr war das und gegen den 1. FC Köln. Es war vielmehr eine relative Gleichgültigkeit gegenüber dem Österreicher, der vorgestern gemeinsam mit seinem Co-Trainer Manfred Linzmaier entschied, die auslaufenden Verträge nicht über den Sommer hinaus zu verlängern. Die Trennung fand freilich mit sofortiger Wirkung statt, schon bei der Bundesligapartie am Sonntag bei Arminia Bielefeld wird Amateur-Coach Hans-Werner Moser auf der Bank sitzen.

Was letztes Jahr in höchster Abstiegsnot so hoffnungsvoll begann und trotz dreier abgezogener Punkte gut endete, kam nun paradoxerweise in einer Situation ohne Not zum Stillstand. Nach erneut miserablem Saisonbeginn mit einer fast völlig neu formierten Mannschaft, die wie ein Fremdkörper im eigenen Stadion auftrat, war es Jara gelungen, mit seinen Spielern Schritt für Schritt aus der Abstiegszone herauszukommen. Und wäre Jara einer, der auch mal einen Spruch oder eine Schmähung hätte übersehen oder einfach weghören können, er wäre wohl immer noch da. Doch das Nervenkostüm des Österreichers war erschreckend dünn. Wie beim Pokalspiel gegen Schalke 04 im letzten Herbst, als er wegen der Einwechslung des damals bei den Fans der Westtribüne noch ungeliebten Selim Teber mit Pfiffen und Buh-Rufen bedacht wurde und danach in der Pressekonferenz erstmals mit seinem Rücktritt gedroht hatte. Nach dem folgenden und äußerst desolaten 0:2 gegen Hertha BSC Berlin verlor Jara auch noch das Vertrauen des Vorstandsvorsitzenden René C. Jäggi, der ihm vor dem darauf folgenden Heimspiel gegen Arminia Bielefeld ein Ultimatum stellte: Siegen oder fliegen! Nach 80 Minuten sah es danach aus, als sei das kurze Intermezzo Jaras auf dem Betzenberg beendet. Dann schoss Teber zwei Tore und rette damit den Trainer, der allerdings ein Trainer auf Abruf blieb.

Zu blutleer waren bis dahin die Darbietungen des seelenlosen Kollektivs gewesen, das weder zueinander noch zu einer ordentlichen Leistung fand, sich aber in nervtötender Eintracht mit Jara stets der gegenseitigen Wertschätzung versicherte. Nach Niederlagen verfielen sie stets im Chor in ihren Dauerjammerton und klagten über die Schiedsrichter und die ungerechte Fußballwelt. Die „sensationellen Fans“, die Jara bei seinem Arbeitsantritt noch ausgemacht hatte, wurden nie seine Freunde – und Jara litt darunter, nicht geliebt oder zumindest gemocht oder wenigstens für seine Arbeit geschätzt zu werden. Selbst in erfolgreicheren Zeiten wollte keine Sympathie für den Coach aufkommen. Hinzu kam, dass es alte Rechnungen zu begleichen gab: Ciriaco Sforza, schon einst mit 16 Jahren unter dem jungen Trainer Kurt Jara bei Grasshoppers Zürich am Ball und nicht gerade sein Liebling, korrigierte die Möglichkeitsrechnung des Trainers mit Blick auf das Erreichen des UI-Cups. Der Schweizer, dessen Comeback in dieser Spielzeit entscheidend dazu beigetragen hatte, dass die Mannschaft endlich zu sich fand und sich vom Tabellenende löste, ärgerte den Österreicher, als er noch einen Schritt weiterging und von einer möglichen Qualifikation für den Uefa-Cup-Platz sprach. Anstatt diesen Impuls positiv zu nutzen, negierte Jara die Ambitionen Sforzas und machte ihn zum Sündenbock für zuletzt mäßige Auftritte der Mannschaft. Als sich dazu erneut „Jara raus“-Rufe gesellten, ließ sich der tief verletzte Trainer wieder zu einer Rücktrittsdrohung hinreißen. In Anwesenheit des sichtlich verärgerten Jäggi stellte er seine fast schon sicher geglaubte Vertragsverlängerung selbst in Frage und stürzte den FCK ohne Not in eine neue Krise.

„Wir haben die Erwartungen mehr als erfüllt. Dennoch gab es wieder ‚Ösis raus‘-Rufe, das tut weh“, klagte am Tag danach Co-Trainer Linzmaier, auch im Namen seines Chefs. Wahrscheinlich führt der gemeinsame Weg der beiden zurück in die Alpenrepublik. Vielleicht mag man sie dort ein bisschen mehr.

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