Harry fährt schon mal die Wahlen vor

SCHLESWIG-HOLSTEIN Trotz Niederlage beim Versuch der Landtagsauflösung wurstelt sich Ministerpräsident Peter Harry Carstensen (CDU) erfolgreich zu vorgezogenen Neuwahlen im September durch. Denn bei der Abstimmung seiner Vertrauensfrage am Donnerstag wird die SPD den „Lügner“ Carstensen nicht stützen

KIEL ap/dpa/taz | Die SPD hat mit ihrem Widerstand gegen einen Antrag auf vorgezogene Neuwahlen in Schleswig-Holstein Ministerpräsident Peter Harry Carstensen (CDU) zu einer Vertrauensfrage gezwungen. Am Donnerstag wird das Landesparlament in Kiel darüber abstimmen, wobei eine (von ihm erwünschte) Niederlage wahrscheinlich ist. Nach Angaben der Nachrichtenagentur will Carstensen alle vier SPD-Minister aus seinem Kabinett entlassen. Bis Redaktionsschluss dieser Ausgabe bestätigte nur die bisherige Bildungsministerin Ute Erdsiek-Rave ihre Entlassung. Am 27. September soll es Neuwahlen geben. Nach der gestrigen Abstimmung erhoben Carstensen und SPD-Fraktionschef Ralf Stegner gegenseitige Anschuldigungen: Die SPD habe die „offene, ehrliche Möglichkeit“ zu Neuwahlen versperrt, sagte der CDU-Politiker im NDR. Stegner wies das zurück und erklärte: „Der einfachste Weg wäre, wenn der Ministerpräsident zurücktritt.“ Der SPD-Landeschef kündigte an, seine Partei werde am Donnerstag gegen den ehemaligen Koalitionspartner Carstensen stimmen. Auch FDP, Grüne und SSW wollen gegen Carstensen stimmen. Die Bundes-SPD leistete Stegner Schützenhilfe und bezeichnete Carstensen (CDU) als Lügner. „Wir können und müssen feststellen, dass Herr Carstensen zweimal wissentlich die Unwahrheit gesagt hat“, sagte SPD-Generalsekretär Hubertus Heil am Montag in Berlin. Das betreffe die Vorgänge um die HSH Nordbank und Carstensens Aussagen zur SPD. Am Montag scheiterte ein Antrag auf Selbstauflösung des Landtags und vorgezogene Neuwahlen. Die notwendige Zweidrittelmehrheit wurde ohne die SPD nicht erreicht.

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