EU will sich vor Kleidung aus China schützen

Seit dem Ende des Textilabkommens am 1. Januar steigen Einfuhren aus China. Europäische Hersteller bangen um mehr als 165.000 Arbeitsplätze allein 2005. Auch Entwicklungsländer sind von der chinesischen Konkurrenz betroffen

BERLIN taz ■ Zwischen China und der EU bahnt sich ein Streit um Textilimporte an. Handelskommissar Peter Mandelson stellte am Mittwoch neue Richtlinien vor, mit denen zu hohe Einfuhren aus China notfalls gestoppt werden sollen. Dies könnte kurzfristig über Importbeschränkungen geschehen. Die Regierung in Peking reagierte gestern mit einer Warnung: Solche Maßnahmen verstießen gegen die Grundsätze der Welthandelsorganisation (WTO).

Am 31. Dezember 2004 ist das Textilabkommen zwischen China und der EU ausgelaufen, das Kleiderimporte durch eine Quote beschränkte. Seither gehören Textilien nicht mehr zu den „sensiblen“ Bereichen innerhalb der WTO, sondern zum allgemeinen Zoll- und Handelsabkommen Gatt. Die Europäer können sich nach einer Übergangsfrist ab 2008 nur noch durch Zölle schützen, nicht aber mehr durch Mengenbeschränkungen.

Europäische Hersteller vor allem aus Frankreich und Italien warnen vor einer Kleiderflut aus China. Prognosen zufolge wird der chinesische Anteil am weltweiten Textilmarkt von jetzt 20 auf 50 Prozent in fünf Jahren steigen. Laut dem Verband der Europäischen Textilhersteller Euratex sind allein in diesem Jahr mehr als 165.000 Arbeitsplätze in der Branche gefährdet. Die deutschen Produzenten seien allerdings relativ wenig betroffen, meint Detlef Böhle, Asien-Referent bei der Deutschen Industrie- und Handelskammer (DIHK). „Hier hat man sich rechtzeitig auf den hochpreisigen Qualitätsbereich konzentriert sowie auf High-Tech-Textilien etwa für Luft- und Raumfahrt“, so Böhle.

Nicht nur die europäischen Textilfabrikanten leiden unter der billigen Konkurrenz. Vor allem kleineren Ländern in Asien garantierte das Quotensystem der EU einen verlässlichen Absatz. Bangladesch erzielt drei Viertel seiner Exporteinnahmen mit dem Verkauf von T-Shirts und Jeans. In Kambodscha seien seit Anfang des Jahres 26.000 Stellen in der Branche abgebaut worden, in Sri Lanka 25.000, klagt die Internationale Textil-, Bekleidungs- und Lederarbeiter-Vereinigung ITBLAV. Auch die Türkei ist betroffen.

Die EU beruft sich bei ihrer Richtlinie auf Zugeständnisse Chinas beim Beitritt zur WTO 2001. Damals akzeptierte Peking, dass Mitglieder ihre Märkte schützen dürfen, wenn die Einfuhren aus China um mehr als 7,5 Prozent über den Werten von 2004 liegen. Kommissar Mandelson betonte allerdings, zunächst wolle man verhandeln.

Bei der DIHK hält man von Schutzmaßnahmen nichts. Böhle: „10 Jahre hatte die EU Zeit, sich auf die Konkurrenz einzustellen. Jetzt will man wieder Schutzwälle aufbauen. Ein Trauerspiel.“ KATHARINA KOUFEN