Auf Dauer angelegte Suche

Als Paar erstmals zusammenzuziehen, das mag eine gute Idee sein. Man muss ja auch an die Rente denken. So manche bürokratische Hürde indes hat zu überwinden, wer das in einer öffentlich geförderten Wohnung tun will

Manchmal verwandelt sich meine von der Laterne draußen schwach angestrahlte Schlafzimmerdecke für einen Moment in einen steinernen Brückenbogen. Und meine Heizung mutiert zur rostigen, glühenden Feuertonne. Seit Tagen raubt mir die Vision drohender Obdachlosigkeit den Schlaf.

Auf der Suche nach unserer ersten gemeinsamen Wohnung hangeln sich mein Freund und ich von Absage zu Absage. „Zu jung“ ist ein niederschmetterndes Argument. Mit „Schulpärchen“ habe der Vermieter schon viel Schlechtes erlebt, sagt die freundliche Stimme am Telefon. Sind unsere Konditionen so schlecht? Ein sicheres Einkommen können wir nachweisen. Abhängig zwar von Eltern und BAföG, aber so ist das nun mal bei 20-jährigen Studierenden.

Neuer Versuch. Zwei Zimmer, Einbauküche, Vollbad – die knapp 70 Quadratmeter im zentral gelegenen Neubau schreien geradezu danach, von uns besiedelt zu werden. Einen Paragraph-5-Schein bräuchten wir, erzählen die Noch-Mieter. Schließlich gehört unsere Traumwohnung zu den „rund 133.000 von der städtischen Wohnungsbaukreditanstalt geförderten Mietwohnungen in Hamburg“, klärt uns Claudia Eggert, Sprecherin der Sadtentwicklungsbehörde, auf.

Jeder darf da nicht rein. „Aus dem Bauch heraus“, sagt Eggert, bevorzuge sie junge Familien, weil die auf großen, günstigen Wohnraum angewiesen seien. Die Wohnungen stünden aber auch Studierenden offen.

Uns allerdings so ohne weiteres nicht. Für einen Paragraph-5-Schein ist die Wohnung zu groß, zwei Scheine kombinieren dürfen wir auch nicht, ein Partnerschein ist erforderlich, erfahren wir im Bezirksamt Mitte. Den erhalten Paare, die beispielsweise ein Kind erwarten. Oder die bereits mindestens zwei Jahre meldepflichtig zusammengewohnt haben. Denn erst dann könne von einer „auf Dauer angelegten Lebensgemeinschaft“ gesprochen werden, wie sie die Globalrichtlinie des Senats über die Realisierung des Wohnraumförderungsgesetzes fordert. Andernfalls, erklärt Eggert, könne ja einer der beiden gleich wieder ausziehen, und der andere mache sich dann in einer „unterbelegten“ Sozialwohnung breit.

„Ein Heiratsversprechen mussten wir ablegen“, erinnert sich eine Freundin. Mit einem Augenzwinkern sei ihnen nach dem mündlichen Gelübde binnen fünf Minuten die Paarberechtigung ausgehändigt worden. Da wurde wohl erkannt, dass sich diese Beziehung „durch innere Bindungen auszeichnet, die ein gegenseitiges Einstehen der Partner füreinander begründen, die also über eine reine Haushalts- und Wirtschaftsgemeinschaft hinausgehen“, wie es in der Senatsrichtlinie heißt.

Bei uns ist weder ein Kind geplant, noch haben wir je zusammengewohnt. „Aber Ausnahmeregelungen gibt es fast für jedes Objekt“, tröstet der Sachbearbeiter im Bezirksamt. Also unterschreiben wir eine „gemeinsame Haushaltserkärung“ und schleppen einen Stapel Unterlagen, vom Personalausweis über Mietzahlungsnachweise bis zur Schufa-Auskunft, zu unserem künftigen Vermieter, der nun beim Bezirksamt eine Freistellung für die Wohnung beantragen muss. Dann warten wir ab.

Zwei Wochen später, drei Tage vor dem geplanten Umzugstermin, rufe ich an – und aus ist‘s mit der Traumwohnung. Der Partnerschein interessiert den Vermieter wenig, zu gering und zu unsicher sei unser Einkommen, bescheidet er bündig. „Keine Diskussion.“

Obdachlos sind wir dennoch nicht. Morgen ziehen wir um. „Rauf auf die Veddel, runter mit der Miete“, heißt fortan unsere Devise. Übrigens ganz unkompliziert. Anja Humburg