Glücklich am Grab vereint

Ob Papst, Palme, Hussein oder Mitterrand: Trauerfeiern sind beliebte Treffpunkte für Politiker, die sonst nicht dabei sein dürfen

VON JÖRN KABISCH

Ein Staatsbegräbnis ist für Politiker aus aller Welt immer eine Reise wert. Oft ergibt sich die Gelegenheit, am Rande der Defilees, beim Gang in die Kirche, auf Hotelfluren oder in Flughafenlobbys ein paar Worte zu wechseln. So sind die Beisetzungen prominenter Politiker in den letzten Jahren zu regelrechten Trauergipfeln geworden, egal ob Abdel Nasser, Olof Palme, König Hussein von Jordanien oder François Mitterand zu Grabe getragen wurden.

Die Zahl der diplomatischen Trauergäste beim Staatschef des Vatikans, Johannes Paul II., freilich schlägt alle Rekorde, mit 200 Gästen sind es bei weitem mehr als beim letzten großen Trauergipfel für Jassir Arafat im November letzten Jahres in Kairo.

Der Palästinenserführer selbst ließ zu Lebzeiten selten die Gelegenheit aus, bei einer Beerdigung zu erscheinen. Ein kleiner Plausch abseits des sonst so strengen Protokolls von Staatsbesuchen und Gipfeltreffen, außerdem häufig unbemerkt – da muss kein Präsident oder Außenminister Folgen fürchten, wenn er den Geächteten und Isolierten der Welt zu nahe kommt. Auch Muammar al-Gaddafi, der libysche Präsident, und Fidel Castro sind deswegen häufiger auf Staatsbegräbnissen zu sehen.

Taiwans Präsident Chen Shui-bian, der am Freitag beim Papstbegräbnis teilnahm, ist sonst ebenfalls ein ungebetener Gast auf dem diplomatischen Parkett. Aus Rücksicht auf Peking meiden Staats- und Regierungschefs in der Regel Kontakte mit seiner Insel, die von China als abtrünnige Provinz angesehen wird. Weltweit ist Taiwan nur von 25 Staaten offiziell anerkannt, in Europa nur vom Vatikan. Und nur deswegen konnte gestern das erste Mal seit fünf Jahrzehnten ein taiwanischer Präsident wieder eine Europareise machen. Peking schickte aus Protest keinen Vertreter.

Ganz ähnlich verhielt es sich auch mit einem anderen Trauergast, nämlich Robert Mugabe. Denn eigentlich gehört zu den EU-Sanktionen gegen den autokratisch regierenden Präsidenten Simbabwes auch ein Einreiseverbot. Für die Papstbeerdigung wurde aber ein Auge zugedrückt. Eine Sprecherin der EU-Kommission erklärte, die Sanktionen sähen Ausnahmen vom Einreiseverbot vor, wenn die simbabwischen Politiker andere internationale Verpflichtungen hätten – etwa weil sie zur Konferenz einer internationalen Organisation eingeladen seien. An diese Regelung fühle sich die italienische Regierung auch beim Papstbegräbnis gebunden, hieß es in Brüssel.

Und Fidel Castro? Der kam nicht. Die Verantwortlichen für die Beisetzungsfeier hatten schon überlegt, wie sie den kubanischen Staatschef und US-Präsident George W. Bush angemessen weit auseinander setzen können. Dafür kamen sich der israelische Präsident Mosche Katsaw und der syrische Präsident Baschar al-Assad ungewöhnlich nah. Sie schüttelten sich erstmals die Hand.