Viele Nutzer, wenig Geld

BÜCHER Publikum haben Berlins Bibliotheken genug – es fehlen Mittel und Personal

Gerade einmal 59 Cent pro Einwohner konnten die Bibliotheken in Kreuzberg-Friedrichshain 2010 für neue Bücher ausgeben. In Spandau waren es 64 Cent. Nur Lichtenberg (1,70 Euro) kam auf den Mindestbetrag von 1,50 Euro, der für einen aktuellen Medienbestand nötig ist. Auch an Geld für Personal und Gebäude mangelt es oft, wie eine dpa-Umfrage in den Bezirken zeigte. Dabei ist der Bedarf an Stadtbüchereien nach wie vor groß. Der Landesverband Berlin im Deutschen Bibliotheksverband fordert ein Gesamtkonzept, das Bibliotheken nach dem Bau der Zentral- und Landesbibliothek auf dem Tempelhofer Feld vor der Schließung bewahrt.

„Der Run auf die Bibliotheken ist ungebrochen“, berichtet Stefan Rogge, Fachbereichsleiter Bibliotheken im Bezirk Mitte. Etwa eine Million Besucher nutzen das Angebot der acht Häuser und drei Fahrbibliotheken jährlich. Der Bezirk Treptow-Köpenick, wo sechs Millionen Euro in den Bau von zweier Büchereien investiert wurden, meldet einen Zuwachs von 50 Prozent in den letzten zehn Jahren. Insgesamt wurden 20 Millionen Medien aus den 87 Berliner Stadtbibliotheken 2010 entliehen.

20 Millionen Ausleihen

Doch vielen Bibliotheken machen Geld- und Personalknappheit zu schaffen. In Charlottenburg-Wilmersdorf etwa gab es 2003 noch 75 Stellen, jetzt sind nur noch 50,5 besetzt. „Wegen der Engpässe sind die Bibliotheken seit 2009 nur noch eingeschränkt geöffnet“, erklärt Antje Reuße, Mitarbeiterin im Büro des zuständigen Bezirksstadtrates Klaus-Dieter Gröhler.

„Der Personalabbau seit 2001 ist gewaltig“, sagt auch Kulturamtsleiter Holger Dernbach. Von einst 137 Stellen habe es in Pankow 2011 nur noch 73 gegeben. Auch das Budget sei von 6,1 Millionen auf 3 Millionen Euro halbiert worden. Unbesetzte Stellen hätten schon zu Schließungen geführt. Dernbach sieht die Zukunft eher pessimistisch. Bis 2016 werden seinen Angaben zufolge aus Altersgründen 19 Prozent der mit Fachkräften besetzten Stellen frei. „Sollten die Stellen nicht nachbesetzt werden, ist in den nächsten Jahren ein weiteres Bibliothekssterben absehbar.“

Statt Einzelkonzepten verlangt der Berliner Landesverband im Deutschen Bibliotheksverband einen Entwicklungsplan für die ganze Stadt. Berlins Verbands-Vorstand Alfred-Mario Molter verlangt: „Die Bezirke wurschteln vor sich hin, wir dürfen sie nicht alleinlassen.“ Sein Verband begrüße die geplante Zentral- und Landesbibliothek in Tempelhof, die 270 Millionen Euro kosten soll. „Ein Ausbau an der Spitze darf nicht zum Abbau in der Fläche führen“, so Molter. Aus diesem Grund sei das Gesamtkonzept wichtig. (rola, dpa)