Dresdner Nachwahl war rechtens

URTEIL Die separate Abstimmung 2005 war in Ordnung, sagt das Bundesverfassungsgericht

KARLSRUHE ap/dpa | Die Nachwahl in Dresden zur Bundestagswahl 2005 ist verfassungsgemäß gewesen. Nach einem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts in Karlsruhe vom Dienstag war es nicht zu beanstanden, dass das vorläufige amtliche Wahlergebnis im übrigen Bundesgebiet bereits bekannt war, als die Wähler im Bezirk Dresden I am 2. Oktober 2005 ihre Stimme abgaben. Damit sei weder das Prinzip der Chancengleichheit noch das der freien und geheimen Wahl verletzt worden. Mit der Entscheidung wurde die Wahlprüfungsbeschwerde eines Bürgers zurückgewiesen.

Die Wahlen zur vergangenen Bundestagswahl mussten in Dresden verschoben werden, weil eine NPD-Bewerberin plötzlich gestorben war. Im dortigen Wahlbezirk gingen die Wähler deshalb nicht am 18. September, sondern erst am 2. Oktober 2005 an die Urnen. Die NPD konnte bis dahin einen neuen Kandidaten bestimmen.

Da das Ergebnis der Hauptwahl bereits am 18. September vorläufig bekannt gegeben wurde, konnten die Wähler im Wahlbezirk Dresden I ihre Stimme taktisch abgeben. In den Medien war auch erörtert worden, dass durch Splitten der Erst- und Zweitstimme die Union zusätzliche Überhangmandate gewinnen würde. Die Parteien stellten ihren Wahlkampf auf diese Möglichkeit teilweise ein.

Dazu heißt es in dem Beschluss der Karlsruher Verfassungsrichter: „Taktische Wahlentscheidungen stellen eine legitime Beteiligung des mündigen Bürgers dar.“ Außerdem stoße es auf „kaum zu überwindende praktische Schwierigkeiten“, wenn die Wahlurnen aus der Hauptwahl über längere Zeit sicher aufbewahrt werden müssten. Auch die Chancengleichheit der Wahl sei nicht verletzt, erklärten die Richter. Denn alle Parteien hätten bei einer Nachwahl ausreichend Gelegenheit, auf das Ergebnis der Hauptwahl zu reagieren und auf dieser Grundlage für die Nachwahl um Stimmen zu werben. Nach allem sei sowohl die Regelung der Nachwahl im Bundeswahlgesetz als auch deren konkrete Durchführung im Oktober 2005 mit dem Grundgesetz vereinbar.

Auslöser der Beschwerde ist eine ungerechte Klausel im geltenden Wahlrecht, die vom Bundesverfassungsgericht im Juli 2008 beanstandet worden war und bis Ende 2011 geändert werden muss. Dieser Zähleffekt („negatives Stimmgewicht“), der mit der Entstehung von Überhangmandaten zusammenhängt, kann dazu führen, dass sich ein niedrigeres Zweitstimmenergebnis für eine Partei günstig auswirkt.