Die Unis bleiben dicht

Über 2.000 Studienplätze blieben im Winter unbesetzt – zum Sommersemester hat sich an den Zulassungen nichts geändert. Senat und Unis hoffen auf das neue Hochschulzulassungsgesetz

VON TINA HÜTTL

Seit gestern strömen wieder tausende Studienanfänger an die Universitäten. Doch es könnten wesentlich mehr sein, glaubt Lisa Paus, die hochschulpolitische Sprecherin der Grünen. Denn im vergangenen Wintersemester ließen die drei großen Berliner Unis 16 Prozent ihrer Studienplätze unbesetzt. Und für das gerade begonnene Sommersemester hat sich an der Praxis der Hochschulen nichts geändert.

Mittels einer kleinen Anfrage an den Senat hatte Paus folgendes Paradoxon aufgedeckt: Obwohl sich die Hauptstadt bei Abiturienten als Studienort großer Beliebtheit erfreut und sich 50.000 an den drei großen Berliner Unis bewarben, blieben 2.130 Studienplätze unbesetzt. Insgesamt konnten sich nur rund 13.000 Studenten einschreiben. Schuld daran ist laut Paus die zu rigide Zulassungspraxis in Berlin, wo praktisch alle Studiengänge zulassungsbeschränkt sind. Allein an der Technischen Uni blieben laut Senat 1.000 Studienplätze unbelegt, die meisten bei den Ingenieurwissenschaften. Viele freie Plätze gab es an allen Unis vor allem auch bei den Naturwissenschaften. Paus forderte daher, für die betroffenen Studiengänge den Numerus clausus abzuschaffen – jedoch ohne Erfolg. Auch zu einer nachträglichen Besetzung der offenen Plätze kam es bisher nicht, wie Brigitte Reich, Referentin von Wissenschaftssenator Thomas Flierl (PDS), bestätigte.

Die Senatsverwaltung hatte die Zahlen nach Bekanntwerden im Februar als „alarmierend“ bedauert und verkündet, dass der Senator die Hochschulen zu einem klärenden Gespräch über die Aufnahmeverfahren bitten wolle, damit sich das Problem nicht wiederhole. Die Hochschulen selbst bestreiten die Senatszahlen aber nach wie vor. An der Humboldt-Uni macht der Vizepräsident Werner Väth zudem weniger die Zulassungspraxis als mangelndes Interesse verantwortlich. Trotz Nachrückverfahren habe man für freie Plätze keine Studenten finden können. Fakt ist: Passiert ist in der Frage der Studienvakanzen bislang noch nichts, auch das Gespräch zwischen Flierl und den Hochschulen habe nicht stattgefunden, räumte seine Sprecherin jetzt ein.

Die Folgen für das Sommersemester lassen sich noch nicht exakt fassen. „Bis wir die offiziellen Zahlen von Uni-Bewerbern, freien Plätzen und tatsächlich an den Hochschulen neu Immatrikulierten kennen, werden noch zwei Monate vergehen“, sagt Paus. Für die Grüne ist die Sache dennoch klar: „Die Senatsverwaltung sitzt das Problem aus und hofft auf das neue Hochschulzulassungsgesetz.“

Ab dem kommenden Wintersemester sollen die Unis nämlich 60 Prozent ihrer Studenten selbst aussuchen können. Nach dem Gesetzentwurf, der Anfang Mai dem Parlament zur Beschlussfassung vorgelegt wird, soll die Abiturnote dabei nur ein Kriterium für die Zulassung sein. Aus einem 7-Punkte-Katalog kann jede Hochschule zwei weitere festlegen – etwa das Ergebnis eines fachspezifischen Tests oder ein persönliches Auswahlgespräch.

Von selbst erledigen wird sich das Problem damit aber kaum, die Zugangsbedingungen werden eher noch restriktiver. Die Unis und die Senatsverwaltung sehen das jedoch anders, denn für sie ist die Fehlauslastung auch die Folge von Mehrfachbewerbungen an den Unis. „Wenn es persönliche Auswahlgespräche und Tests gibt, werden sich Kandidaten nicht auf mehrere Fächer gleichzeitig bewerben“, sagt Flierls Referentin Reich. Erfolgreiche Mehrfachbewerber blockierten so lange die Studienplätze, bis sie selbst für Nachrücker uninteressant würden.