Maut-Albtraum ist endlich vorbei

100 Tage nach Einführung der Autobahn-Gebühr zieht Verkehrsminister Stolpe Bilanz: Einnahmen von drei Milliarden Euro sind realistisch. Technik funktioniert reibungslos

BERLIN taz ■ Die Lkw-Maut läuft nach Plan: In den ersten drei Monaten ihres Betriebs haben Fahrer und Speditionen für die Nutzung der Autobahnen rund 661 Millionen Euro in die Bundeskassen gezahlt. Bundesverkehrsminister Manfred Stolpe (SPD) zeigte sich erleichtert: „Das ist das, was wir erwartet haben“, sagte er. „Das ist die Entschädigung für fast eineinhalb Jahre Folter.“ Hundertprozentig zufrieden konnte er aber noch nicht sein: Immerhin ein Prozent der Lkw-Fahrer weicht offenbar auf Landstraßen aus, um die Gebühr zu sparen. Um die Kommunen vor der neuen Belastung zu schützen, kündigte Stolpe Sofortmaßnahmen an. Umweltverbände und Grüne forderten zusätzlich eine Ausweitung der Maut.

Bei der gestrigen Vorstellung der 100-Tage-Bilanz zeigte sich der Bundesverkehrsminister überzeugt, dass die drei Milliarden Euro, die er als Zielmarke für 2005 angepeilt hatte, bis zum Jahresende auch zusammenkommen. Die Spitzenmonate im Schwerlastverkehr stünden noch bevor, sagte er. 600 Millionen Euro zahlt der Bund pro Jahr an die Betreiberfirma Toll Collect. Darüber, ob die Einnahmen noch höher ausfallen können, wie der verkehrspolitische Sprecher der SPD, Uwe Beckmeyer, zuletzt gemutmaßt hatte, wollte er jedoch nicht spekulieren. Wichtig sei zunächst, dass die Technik funktioniere – und die Akzeptanz da sei.

Ersteres bestätigte Toll-Collect-Chef Christoph Bellmer. Er berichtete, inzwischen seien 412.000 Bord-Erfassungsgeräte in Lkws eingebaut worden. Bei insgesamt 68 Millionen Maut-Buchungen seien lediglich 3.084 Euro zu viel berechnet worden, die inzwischen zurückerstattet wurden.

An der Akzeptanz muss dagegen wohl noch gearbeitet werden – zur Not auch mit Druck: Gebührenflüchtlinge, die ihre Lkws über die noch Maut-freien Bundes- und Landstraßen steuern, will Stolpe „vergrämen, bevor sich ihre Routen eingeschliffen haben“. Sofortmaßnahmen wie Kontrollen, Tempolimits oder Fahrverbote seien schon jetzt möglich. Dazu bedürfe es nicht einmal gesetzlicher Änderungen. So sehe etwa Paragraf 45 der Straßenverkehrsordnung Verkehrsbeschränkungen oder Umleitungen vor, wenn die Wohnbevölkerung vor Lärm und Abgasen geschützt werden müsse. Außerdem könnten besonders betroffene Strecken nahe den Autobahnen ebenfalls Maut-pflichtig gemacht werden. BW

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