DOPPELPASS: ZWISCHEN DEUTSCHER UND TÜRKISCHER STAATSRÄSON
: Das letzte Wort den Betroffenen

Seit vor fünf Jahren das neue Staatsbürgerschaftsrecht in Kraft trat, gilt für einbürgerungswillige Einwanderer das strikte Gebot: Du darfst keine andere Staatsbürgerschaft neben der deutschen haben. Rund 50.000 Deutschtürken, die seit dem Jahr 2000 eingebürgert wurden, sollen sich trotzdem wieder einen türkischen Pass besorgt haben, schätzt das deutsche Innenministerium – teils aus praktischen Erwägungen, teils wohl aus sentimentaler Heimatverbundenheit.

Gegen sie will Schily nun hart vorgehen und droht mit dem Entzug der deutschen Staatsbürgerschaft. Die Frage aber, wie Schily an die Namen all der vermeintlichen Doppelpass-Sünder zu kommen gedachte, ließ er bislang offen. Seit dieser Woche weiß man, dass Schily dabei auf die Mitarbeit der türkischen Behörden angewiesen ist. Doch der türkische Innenminister Aksu zögert, Schily eine Liste mit den Namen der Übeltäter auszuhändigen.

Mit gutem Grund. Schließlich trägt die Türkei eine gehörige Mitschuld an dem Problem: Die türkischen Konsulate in Deutschland haben den massenhaften Doppelpass-Besitz schließlich nicht nur begünstigt, indem sie den türkischen Pass allzu freigebig vergaben, sie haben ihn sogar befördert: aus paternalistischem Übereifer oder aufgrund einer nationalistischen Haltung gegenüber „ihren“ Auslandstürken.

Nun wird der Konflikt zwischen deutscher und türkischer Staatsräson auf dem Rücken all jener Einwanderer mit zwei Pässen ausgetragen, die auf die türkischen Behörden vertraut und gehofft haben, es wird schon nicht rauskommen. Mit Blick auf die NRW-Wahl will Schily an diesen Deutschtürken nun ein Exempel statuieren. Auch die NRW-Union versucht bereits, mit dem Thema Stimmung zu machen. Doch die Türkei kann Schily nicht entgegenkommen, ohne es sich mit „ihren“ Auslandstürken zu verscherzen. Besser wäre es daher, den Betroffenen eine letzte Frist zu setzen, sich endgültig für eine der beiden Staatsbürgerschaften zu entscheiden: Es wäre auch ein Signal, dass deren Integration in Deutschland erwünscht ist.

DANIEL BAX