Ma siegt bei Präsidentenwahl

TAIWAN Amtsinhaber erhält knapp über 50 Prozent. Chinafreundlicher Kurs kommt an

AUS HSUEHCHIA JUTTA LIETSCH

Als Lin Lizu gefragt wird, wann sie in Rente gehen möchte, bricht sie in Tränen aus: „Ich werde mich wohl nie ausruhen dürfen, das können wir uns nicht leisten.“ Die 52-jährige Fischfarmerin züchtet mit ihrem Mann in Südtaiwan Aale sowie die regionale Spezialität Shimu-Fisch.

Ihre Geschichte hilft zu verstehen, warum Taiwans Präsident Ma Ying-jeou und seine Kuomintang (Nationale Volkspartei) am Wochenende mit 51,6 Prozent der Stimmen erneut für vier Jahre gewählt wurden. Wie die meisten Bewohner Süd- und Zentraltaiwans hielt Lin Lizu noch vor kurzer Zeit wenig von der Regierungspartei, die bis in die achtziger Jahre diktatorisch geherrscht hatte und für korrupte Geschäfte berüchtigt war.

Die Opposition, die in dieser Gegend besonders stark ist, gefiel ihr lange Zeit deutlich besser. Die größte oppositionelle Gruppierung Taiwans ist die Demokratische Fortschrittspartei, die im Gegensatz zur Regierung die Eigenständigkeit der Insel Taiwan gegenüber China betont.

Für Lin kam die Wende 2010, als nach Regenfällen eine Flutwelle die Fischbecken fortriss. Mithilfe der Regierung erhielt sie einen Kredit, der das Überleben des Betriebs garantierte. Ihre Schulden abtragen kann sie jedoch nur mit langfristig sicheren Einnahmen. Die kann nur einer garantieren, glaubt sie: „China.“

Ein paar Autominuten weiter, im Büro der Fischfarmerkooperative von Hsuehchia, erklärt der 47-jährige Wang Wen-tsue, warum das so ist: „Wir haben mit einer chinesischen Firma einen Vertrag. Sie nehmen in diesem Jahr 18.000 Tonnen Shimu-Fisch zu einem guten Festpreis ab. Unsere Mitglieder haben zum ersten Mal eine sichere Zukunft.“

Möglich geworden, sagt er, sei dies nur durch die Politik von Präsident Ma, der seit 2008 bereits 16 Wirtschaftsabkommen mit China ausgehandelt hat. Die Volksrepublik ist der größte Markt Taiwans, 40 Prozent aller Waren werden jenseits der Taiwanstraße verkauft.

Besonders nützlich für die Fischfarmer von Hsuehchia erwies sich das ECFA-Abkommen („Economic Cooperation Framework Agreement“) von 2010. Auf der Liste der Produkte, die steuerfrei in die Volksrepublik exportiert werden dürfen, steht der Shimu-Fisch. Die Mitglieder der Kooperative hoffen, dass bald auch Exporte von anderen Fischsorten von Chinas Einfuhrsteuern ausgenommen werden.

Vor wenigen Jahren stand auch Wang der Demokratischen Fortschrittspartei nahe. Nun hat er sich auf die Regierungsseite geschlagen. Aus Furcht, von China wirtschaftlich „geschluckt“ zu werden und damit die politische Eigenständigkeit zu verlieren, hatte Präsidentschaftskandidatin Tsai offengelassen, ob und wieweit sie die Wirtschaftsabkommen einhalten würde. Die Oppositionskandidatin trat nach der verlorenen Wahl am Samstag sofort als Parteichefin zurück.