Taktile Optik

In der Galerie Beim Steinernen Kreuz erinnert Bernadette Lahmer an die verstorbene Fotografin Cordula Schmidt

Wirft man einen toten Schmetterling in die Luft, beginnt sein Körper, nachdem er den höchsten Punkt seiner Flugbahn erreicht hat, zu trudeln. Hält man den Fall des toten Tiers mit ausreichender Belichtungszeit fest, scheinen auf dem Abzug die Flügel zu flirren. Die in Bremen lebende Fotografin Bernadette Lahmer, Jahrgang 1961, hat drei solcher Momente festgehalten. Die verwischte Farbigkeit des scheinbaren Flügelschlags wird durch Schatten kontrastiert, die das kurzzeitig reanimierte Tier auf die dahinter gelegene Wand zeichnet. Es sind die Themen Zeit und künstliche Natur, die diese Ausstellung durchziehen: In Form wandernder Schatten, jahreszeitlich bestimmter Lichtverhältnisse und strukturbildender Nahaufnahmen.

Eine Reihe neuerer Arbeiten Lahmers ist derzeit in der Galerie Beim Steinernen Kreuz zu sehen. Die Fotografien sind hell, Farbliches akzentuiert, strukturiert das Bild. Dünne Bambushalme, leicht grün und ein wenig verholzt, gleichen Körpern von Tänzern. Kurzzeitbelichtet, stillgestellt für den Bruchteil einer Sekunde, das Davor und das Danach der Bewegung andeutend. Diese Bilder werden links und rechts eingefasst von zwei Schwarz-Weiß Nahaufnahmen von Tulpen.

Die Blumen stammen aus der Werkstatt der Fotografin Cordula Schmidt, die 2003 starb. Wenn Schmidt eine Serie mit von Winden gebeugtem Schilf entgegen der gebräuchlichen Variante „Wind im Schilf“ betitelt, ist das Programm. Den Wind sichtbar machen, kleine, oft übersehene Dinge, das ist beiden gemein. Lahmer war ihr Freundin, Kollegin. Und, wie diese Ausstellung bezeugt, perspektivisch die Nachlassverwalterin.

Tim Schomacker

Bis 14. Mai. Galerie Beim Steinernen Kreuz, Beim Steinernen Kreuz 1, Mi - Fr 14 - 19, Sa 10 - 14 Uhr