Bushs Mann für die UNO in Turbulenzen

Nach einer kontroversen Anhörung soll heute der Auswärtige Ausschuss des US-Senats über Bushs Mann für die UNO abstimmen. Die Demokraten wollen die Bestätigung des UN-Kritikers verhindern, auch Republikaner zweifeln

AUS WASHINGTON MICHAEL STRECK

Kaum jemand in Washington hat in jüngerer Vergangenheit wohl so viel Kreide gefressen wie John Bolton. Präsident Bushs Mann für den Posten des UN-Botschafters verkündete bei der pflichtgemäßen Anhörung im Senat, er wolle „die Vision des Präsidenten einer engen Partnerschaft mit den Vereinten Nationen“ voranbringen, die UN-Institutionen stärken helfen und vor allem die Weiterverbreitung von ABC-Waffen bekämpfen. Schließlich bezeichnete er die UNO gar als „einen wichtigen Bestandteil unserer Demokratie“.

Das war nicht der gleiche John Bolton, bisher Staatssekretär im Außenministerium, der sich früher einen Namen dadurch gemacht hatte, der UNO immer wieder Bedeutungslosigkeit zu attestieren, der einst polterte, dass es „keinen Unterschied machen würde, wenn das UN-Hochhaus in New York zehn Stockwerke verliert“, der aus seiner Abneigung gegen Diplomatie keinen Hehl machte, der den Rückzug der USA aus multilateralen Vereinbarungen vorantrieb.

Bolton war im Außenamt zuständig für Abrüstungsfragen und die Nichtweiterverbreitung von ABC-Waffen. Kritiker sehen es daher als eine bittere Ironie an, dass er trotz dieser Funktion maßgeblich dafür verantwortlich ist, die jahrzehntelange Abrüstungspolitik der Vorgänger-Regierungen seit Ronald Reagan aufgegeben zu haben.

So hagelte es im März, als Bush ihn für den Botschafterjob nominierte, nicht nur die erwartet heftige Kritik aus den Reihen der Opposition, sondern auch aus dem diplomatischen Corps. Eine Gruppe von 59 ehemaligen US-Spitzendiplomaten aus beiden politischen Lagern protestierte in einem Brief an den Kongress gegen seine Berufung und verlangte, dass die Senatoren ihn ablehnen sollten.

Mit derartigem Rückenwind probten die Demokraten im Senat den Aufstand. Bolton zur UNO zu schicken sei so, „als schicke man einen Elefanten in den Porzellanladen“, sagte Senator John Biden. Viele Parlamentarier zeigten sich sichtlich empört über seine Besänftigungsversuche. „Sie haben nichts als Verachtung für die Vereinten Nationen übrig“, donnerte die Senatorin Barbara Boxer. „Sie können um den heißen Brei schleichen, Sie können Parfüm darüber gießen – all das ändert unter dem Strich nichts an dieser Einschätzung.“

Alleine können die Demokraten Bolton jedoch nicht verhindern. Die acht Demokraten im Auswärtigen Senatsausschuss benötigen wenigstens die Stimme eines der zehn Republikaner, um ein Patt herzustellen – dann ginge die Nominierung ohne Ausschussempfehlung ins Plenum. Wenngleich mehrere moderate Republikaner ihre Bedenken angemeldet haben, hatte bislang nur der gemäßigte Senator Lincoln Chafee aus dem Neuengland-Staat Rhode Island laut darüber nachgedacht, Bolton durchfallen zu lassen.

Die Opposition hofft, Bolton über eine Affäre aus dem Frühjahr 2002 stolpern zu lassen – eine der wenigen bekannten Fälle, in denen ein Mitglied der Bush-Regierung Geheimdienstler zwingen wollte, Informationen zu manipulieren, da sie der eigenen Weltsicht widersprachen. Bolton beabsichtigte damals in einer Rede, ein geheimes Biowaffenprogramm von Fidel Castro zu enthüllen. Die entsprechende Textstelle wurde jedoch vom zuständigen Analysten für Biowaffen im US-Außenamt nicht freigegeben, da er an der Zuverlässigkeit der zugrunde liegenden Daten zweifelte. Bolton habe daraufhin „wutentbrannt“, wie Zeugen später schilderten, die Entlassung des Experten betreiben wollen – was der Chef der Spionageabteilung im Außenamt vereitelte. Auf Nachfrage gestand Bolton diesen Vorfall während der Anhörung ein.

Am Mittwoch mehrten sich jedoch die Zeichen, dass Bolton wahrscheinlich vom Senat abgesegnet wird. Zu polarisiert und vergiftet ist gegenwärtig die Atmosphäre im Kongress, zu groß der Druck innerhalb der Republikaner auf mögliche Abweichler.