Elite-Unis und Föderalismus ganz von vorn?

Niedersachsens Ministerpräsident Christian Wulff (CDU) will die Reform des deutschen Föderalismus ganzneu aufrollen. Daran könnte auch die Initiative der Bundesregierung für Spitzenuniversitäten scheitern

BERLIN taz ■ Die deutschen Spitzenuniversitäten drohen erneut zum Zankapfel der Politik zu werden. Heute werden die Ministerpräsidenten der Länder in Berlin über die so genannte Exzellenzinitiative der Bundesregierung befinden: Soll sie leben oder sterben?

Als Wackelkandidat gilt der niedersächsische Ministerpräsident Christian Wulff (CDU). In einem Brief an den „geehrten Kollegen und lieben Edmund“ mahnte er am Dienstag beim bayerischen Regierungschef als Unions-Verhandlungsführer Korrekturen an – in Wahrheit aber stellt er die bisherige Arbeit der Kommission grundsätzlich in Frage. Dem Bund müssten massive finanzielle Zugeständnisse abgerungen werden, sonst stünden „kaum lösbare Verteilungskonflikte zu Lasten der Länder“ ins Haus.

Im Ministerium von Wissenschaftsministerin Edelgard Bulmahn (SPD) deutet man Wulffs Brief als Offenbarungseid. Offenbar wollten einige Länder ihre Unfähigkeit vertuschen, so heißt es, Geld für Innovation bereit zu stellen, indem sie immer mehr vom Bund forderten. Hintergrund ist, dass der Bund seinen Anteil von 1,5 Milliarden Euro bereits im Etat hat und auch reiche Länder wie Bayern genug Mittel für die Kofinanzierung von Elite-Unis haben – nicht aber arme Länder wie das Christian Wulffs.

„Wenn die Exzellenzinitiative durch unerwartete Entwicklungen nicht durchkommt“, so die Vermutungen im Bildungsministerium, „dann würde das einen schweren Schatten auf die nächste Föderalismusrunde werfen.“ Mit anderen Worten: Die heutigen Verhandlungen um die Elite-Unis werden wirklich zeigen, ob die Länder zu einer Föderalismusreform bereit sind.

Vergangene Woche standen die Zeichen für die Exzellenzinitiative auf grün: Eine gemeinsame Arbeitsgruppe von Bund und Ländern unter Vorsitz des bayerischen Wissenschaftsministers Thomas Goppel (CSU) hatte einen Kompromiss zum Elitenprogramm ausgearbeitet. Der Weg schien frei für Graduiertenkollegs, Exzellenzcluster und universitäre Spitzenforschung.

Doch wird nun gerätselt, ob die Zustimmung hält. Um das 1,9-Milliarden-Paket für die Hochschulen durchzubringen, müssen 13 der 16 Minister den Kompromiss unterschreiben. Als sicher gilt die Ablehnung des hessischen Ministerpräsidenten Roland Koch (CDU). Bundesbildungsministerin Bulmahn appellierte gestern: „Ministerpräsident Koch wird sich entscheiden müssen, ob er als der Innovationsblockierer in die Geschichte eingehen will.“

Doch Koch geht es ums Prinzip: Alle Macht den Ländern, lautet sein Ziel und dafür muss die Bildungspolitik notfalls als Pfand herhalten. Daher ließ er bei seinen Emissär am vergangen Mittwoch den Elitenkompromiss in der Bund-Länder-Kommission ablehnen.

Auch der thüringische Ministerpräsident Dieter Althaus könnte sich auf Kochs Seite schlagen. Auch hier sind die Finanzen der Grund: Alle Länder, deren Hochschulen in den Genuss von Eliteförderung kommen, müssen ein Viertel der Zuschüsse selbst dazu tun – Geld dass die neuen Länder schlicht nicht haben. ANNA LEHMANN