Schwärzen von Wikipedia zeigt Wirkung

USA Kreativer eintägiger Onlineprotest des Weblexikons Wikipedia und anderer Webseiten bringt Bewegung in die Politik. Mehrere Politiker sprechen sich gegen strittige Gesetzesentwürfe zur Zensur aus

BERLIN taz | Schwarz ist die Farbe der Erfolgreichen, heißt es. Schwarz ist auch die Farbe, die dem Protest gegen zwei umstrittene US-Zensurgesetze am Mittwoch zu globaler Aufmerksamkeit verholfen hat und den Netzaktivisten neue Unterstützer in der Politik brachte.

Mehrere US-Politiker stellten sich am Donnerstag gegen den „Stop Online Privacy Act“ (SOPA) und den „Protect IP-Act“ (PIPA), nachdem die englischsprachige Ausgabe der Online-Enzyklopädie Wikipedia und viele andere Webseiten 24 Stunden lang aus Protest geschwärzt waren. SOPA war Ende Oktober 2011 vom republikanischen Abgeordneten Lamar S. Smith ins Repräsentantenhaus eingebracht worden. Befürworter argumentieren, das Gesetz würde bestimmte geschützte Inhalte, etwa der Musikindustrie, schützen. Mit PIPA gibt es im Senat eine korrespondierende Gesetzesinitiative.

Das US-Justizministerium könnte den Gesetzesentwürfen zufolge per Gerichtsbeschluss gegen Betreiber von Internetseiten vorgehen, die aus Sicht der Behörden oder eines Antragstellers – etwa eines Verlags – gegen Copyright verstoßen. Werbekunden könnten daran gehindert werden, auf entsprechenden Seiten zu inserieren, bei Suchmaschinen könnten die Seiten geblockt oder der Zugang für Internetnutzer ganz gesperrt werden. Das Gesetz träfe also auch Mittler im Netz wie Suchmaschinen oder Serveranbieter.

Kritiker monieren, die Maßnahmen gingen viel zu weit. Inhalte könnten willkürlich gesperrt werden. Das Ende des Rechts auf freie Meinungsäußerung drohe. Der aufsehenerregende Protest von Wikipedia und anderen hat nun einige US-Politiker zum Umdenken bewegt. Senator John Boozman aus Alaska schrieb in einem Statement: „Die Bedenken hinsichtlich nicht beabsichtigter Konsequenzen der Gesetzesinitiative sind legitim.“ Der Republikaner kündigte an, gegen PIPA zu stimmen. Auch die Senatoren Orrin Hatch, Roy Blunt und Marco Rubio machten Rückzieher. „Ich habe ein großes Interesse daran, Onlinepiraterie zu stoppen, die Florida Jobs kostet“, schrieb der Republikaner Rubio auf seiner Facebook-Seite. „Doch wir müssen gleichzeitig eine offenes, dynamisches Internet fördern.“ Daher werde er seine Unterstützung zurückziehen. John Boehner, Sprecher des Repräsentantenhauses, ließ wissen, dass es keinen Konsens über SOPA gebe. Die Winterpause des Kongresses ist gerade zu Ende gegangen, die Diskussion um SOPA und PIPA hat gerade erst begonnen. RIEKE HAVERTZ