Eltern gegen Drogenhilfe

BÜRGERPROTEST Eine geplante Suchtklinik löst in Wandsbek Angst aus. Nun entscheidet das Bezirksamt, ob die Drogenabhängigen trotzdem therapiert werden

Die Argumente der Befürworter scheinen im Getöse der Panikmache unterzugehen

VON UTA GENSICHEN

Nach wochenlangen Protesten von Wandsbeker Bürgern entscheidet das Bezirksamt in dieser Woche über die Einrichtung einer Suchtklinik. Der gemeinnützige Verein Jugendhilfe plant, vier bereits bestehende Drogen-Therapieeinrichtungen unter ein gemeinsames Dach in die Schädlerstraße zu verlegen. Dort und in der nahe gelegenen Witthöftstraße sollen dem Träger zufolge eine Klinik für 44 abstinente Menschen sowie eine Einrichtung zur sozialen Rehabilitation entstehen.

Mitte Mai waren die Nachbarn über den Bauantrag informiert worden. Aus Angst vor einer wachsenden Drogenszene in der Nähe des Standorts kämpfen seither Elternräte von drei Schulen und einer katholischen Kita gegen die Klinik. Mit mehr als 2.000 Unterschriften hat die Bürgerinitiative „Schädlerstraße“, wie sie selbst findet, ein deutliches Signal gegen das Vorhaben gesetzt.

Rückblickend kommt dieses Aufbegehren recht unerwartet. Der seit vielen Jahren mit Drogen- und Therapiearbeit vertraute Verein Jugendhilfe hatte zur Zeit der Antragstellung die Rückendeckung des Senats und der Sozialbehörde. Mit vier Millionen Euro aus dem Hamburger Konjunkturprogramm sollte das Projekt gefördert werden. Gesundheitssenator Dietrich Wersich (CDU) sprach sich für die Suchtklinik aus.

Trotzdem stimmten Union und FDP im Wandsbeker Bauausschuss dagegen. Zwar entscheidet in letzter Instanz das Bezirksamt, die Empfehlung des Bauausschusses und die Proteste der Anwohner wird es jedoch nicht übergehen können. Die Argumente der Befürworter scheinen im Getöse der Panikmache unterzugehen.

„Es gibt leider die Vorstellung, dass eine Suchthilfeeinrichtung süchtig macht“, sagt Christine Tügel vom Jugendhilfe-Vorstand. Probleme in der Familie könnten süchtig machen oder Konsum im Bekanntenkreis, sagt sie. Allein die räumliche Nähe zu einer Klinik sei allerdings keine Ursache für Drogenmissbrauch.

Viele Anwohner hätten Angst davor, dass die Suchtklinik Dealer anziehen könnte. Diese Angst habe sich jedoch schon in der Vergangenheit als Irrtum erwiesen, sagt Tügel. Vielmehr sei es so, dass Abhängige sich dort aufhielten, wo Dealer verkehren – nicht anders herum.

Die Linksfraktion der Bürgerschaft betrachtet die Debatte um den Klinikbau mit Sorge. „Perspektiven nach dem Drogenausstieg sind lebenswichtig“, sagt ihre gesundheitspolitische Sprecherin Kersten Artus. Eine Gefahr für die benachbarten Schulen und Anwohner sei außerdem nicht zu befürchten.

Ein Blick auf den Tagesplan der 62 Klienten zeigt, dass für Kontakte zur Außenwelt nur wenig Zeit bleibt. Von morgens bis abends sind die abstinenten Patienten in Therapieprogramme eingebunden. In dieser Zeit können sie nicht frei über ihre Tagesgestaltung bestimmen. Besuch soll nur in begrenztem Maße zugelassen werden.

„Wir wollen uns auf die Ängste der Anwohner zubewegen“, sagt Tügel. Deshalb mache der Verein Zugeständnisse, um die Klinikgegner zu beruhigen. Ein Sichtschutz und Zäune könnten das Sicherheitsgefühl der Nachbarn stärken. Außerdem sei der Verein bereit, eng mit der Polizei zusammenzuarbeiten sowie eine Hotline für Anwohner einzurichten.

Die kommende Entscheidung des Bezirksamtes glaubt Tügel schon zu kennen. „Ich glaube, dass die Verwaltung schon festgelegt ist“, sagt sie. Unterkriegen lassen wolle man sich von einem Nein aber nicht. Dann bleibe immer noch der Weg über das Verwaltungsgericht.