Wulffs Ärger erfreut SPD-Chef

LANDTAGSWAHL Niedersachsens SPD wählt ihren Spitzenkandidaten Stephan Weil zum Landesparteichef. Der sieht seine Chancen optimistisch – gerade auch wegen der Bundespräsidenten-Affäre

McAllisters Schweigen in der Wulff-Debatte nennt Weil „Feigheit vor dem Freund“

Niedersachsens SPD hat einen neuen Vorsitzenden: Mit 95,5 Prozent der Delegiertenstimmen wurde der Spitzendkandidat für die Landtagswahl 2013, Hannovers Oberbürgermeister Stephan Weil, Freitagabend in Oldenburg zum Landeschef gewählt.

Das Ergebnis für Weil fiel damit beim Parteitag weit stärker aus als noch der Entscheid über die Spitzenkandidatur im November: Damals stimmten 53,5 Prozent der SPD-Mitglieder für ihn, 46,3 Prozent für den parteiinternen Kontrahenten Olaf Lies – Weils Vorgänger als Parteichef. Lies stellte das Amt daraufhin zur Verfügung. Am Freitag wurde er mit 87,3 Prozent der Stimmen zum Stellvertreter gewählt.

Für die Landtagswahl im Januar 2013 zeigte sich Weil überaus optimistisch: „Wenn nicht alles schief läuft“, sagte er vor den 203 Delegierten, werde er in einem Jahr Ministerpräsident sein. Die schwarz-gelbe Landesregierung sei vor allem durch die Affäre um Bundespräsidenten Christian Wulff (CDU) angeschlagen. „Wir werden für saubere Verhältnisse sorgen müssen“, sagte Weil und warf Schwarz-Gelb Blockade bei der Aufklärung der Vorwürfe gegen den einstigen Ministerpräsidenten vor.

Drei Tage lang hatte sich vergangene Woche die Wulff-Landtagsdebatte hingezogen. Für die Regierung sprach fast ausschließlich Finanzminister Hartmut Möllring (CDU). Wulff-Nachfolger David McAllister (auch CDU) ergriff ein Mal das Wort – und forderte die Rückkehr zum Routinegeschäft. Weil, der schon im Vorfeld einen Ethik-Kodex zum Umgang von Politik und Wirtschaft gefordert hatte, nannte das „Feigheit vor dem Freund“.

Ob sich Niedersachsens SPD der Linken-Forderung nach einem Untersuchungsausschuss anschließt, macht der neue Parteichef vom weiteren Aufklärungswillen der Regierung abhängig. Ein Fünftel der Stimmen im Landtag braucht es, die Grünen haben Zustimmung signalisiert – nun fehlen neun Stimmen.

Untersuchungsausschüsse zu Politikeraffären dürfte Niedersachsens SPD in keiner guten Erinnerung haben: Der letzte wurde 2000 einberufen – unter anderem wegen unbezahlter Urlaube ihres Ex-Ministerpräsidenten Gerhard Glogowski. THA

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