Handballmacht in spe

Mit dem dritten Platz im Pokal hat die HSG Nordhorn wohl das Entree-Billet für den europäischen Wettbewerb gelöst

Das Trikot ist am rechten Arm zerrissen, an den Buchstaben auf Brust und Rücken kleben Harz, Blut und Schweiß. Eine Dusche wäre jetzt gut, aber er steht bei den Fans. Ein Star zum Anfassen, der nach dem Spiel um den dritten Platz im Handballpokal sein Trikot nicht mit einem Spieler der im Siebenmeter-Schießen mit 35: 33 bezwungenen Göppinger tauscht, sondern mit einem Fan. „Schade, uns hat im Halbfinale gegen Flensburg das Glück gefehlt“, sagt er und findet sich sogleich in den Armen des nächsten Anhängers wieder.

Der Kleinste ist für viele in Nordhorn der Größte. Für Ljubomir Vranjes sind das Größte die Fans: „Wir spielen mit unserem ganzen Herzen und die Zuschauer unterstützen uns mit ihrem ganzen Herzen. Deshalb sind wir so gut.“ Der 1,66-Meter-Mann ist Spielmacher der HSG Nordhorn. Seit 2001 ist er im Verein, hat dessen Tiefpunkt, das Bangen um die Existenz in der Saison 2001/2002, erlebt, aber eben auch die Höhen. Höhen wie die Vizemeisterschaft 2002.

„Wir haben uns vor vier Jahren mit dem Bau der neuen Halle übernommen“, erklärt Manager Bernd Rigterink die missliche Lage von damals. 7,5 statt der geplanten 5 Millionen Euro kostete das Euregium. „Wenn dann auch noch Sponsoren abspringen, wird es ganz schwer. In einer solchen Situation muss man seine Ziele runtersetzen und mit jungen Spielern arbeiten.“

Mit Spielern wie Holger Glandorf zum Beispiel, der seit dem Aufstieg in die Erste Liga 1999 in Nordhorn spielt. Mit gerade mal 22 Jahren hat Glandorf bereits 30 Länderspiele absolviert und wirft für Nordhorn durchschnittlich 6 Tore pro Spiel.

„Wir haben junge Spieler, die noch längst nicht an ihrem Zenit angelangt sind“, erklärt Rigterink das Erfolgskonzept. „Das Kollektiv, das wir haben, macht uns so stark.“

Nach 27 Spieltagen sind die Niedersachsen Tabellenfünfter und haben nicht zuletzt durch die kämpferische Leistung im Halbfinale am Samstag gegen den Meister aus Flensburg ihren Anspruch auf einen Platz in einem internationalen Wettbewerb bestätigt. Erst nach zehnminütiger Verlängerung unterlag man mit 36:38. „Vielleicht“, so hofft der Manager, „gibt es ja irgendwann neben Flensburg und Kiel auch mal eine Handballmacht Nordhorn.“ Momentan muss er den Regionalrivalen jedoch die Daumen drücken: Nur wenn Kiel und Flensburg in die Champions-League einziehen kann sich auch die HSG Nordhorn im EHF-Pokal auf europäischem Parkett präsentieren. Christina Stefanescu