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: Grütze, rote Grütze

Vor einer Woche startete die neue ARD-Nachmittagsshow „NachTisch“ – Anlass genug für ein erstes (und letztes) Resümee

Das Zweittraurigste, das es aus der ersten „ARD-NachTisch“-Woche zu berichten gibt, liegt mehr als ein halbes Jahrhundert zurück und geht so: Mitten in der entbehrungsreichen Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg lebte einst ein Mädchen bei seiner Großmutter. Die kochte ihm Rote Grütze. Und weil das Mädchen gern Rote Grütze aß und die Großmutter sehr, sehr lieb hatte, wollte es ihr eine Freude machen. Da ging es in den Garten der Großmutter hinterm Haus und pflückte, was dort grünte und blühte, zu einem Blumensträußchen. Doch als das brave Kind damit zur Großmutter gelaufen kam, war die Enttäuschung groß. Gescholten ward das Mädchen und geschimpft, oh weh, und das sogar mit Recht: Hatte es doch von Großmutters Erdbeerpflänzchen im Garten die Blüten abgezupft, und Großmutters Erdbeerernte war – mitten in der entbehrungsreichen Zeit – perdu!

Erzählt wurde das bittersüße Anekdötchen den ARD-Zuschauern von einer als „Hausfrau“ bezeichneten Hausfrau, die für die „NachTisch“-Crew jüngst einen Topf Rote Grütze gekocht hatte, weil das zum Konzept der Sendung gehört. Und mehr gibt es dazu auch nicht zu sagen – außer vielleicht, dass die ARD mit dem als „schwierig“ erkannten Sendeplatz zwischen „Mittagsmagazin“ und „Fliege“ offensichtlich noch weniger anzufangen weiß, als die uninspirierten Vorankündigungen der „neuen Talk- und Spielshow“ versprachen. Oder muss es wirklich Smalltalk der zahnlosesten Sorte sein, den Gäste wie Frank Elstner, Jürgen Fliege, Tita von Hardenberg, Heinz Schenk und das Naabtal-Duo da Tag für Tag mit guter Miene über sich ergehen lassen? Braucht es denn wirklich derart unbeholfene Stegreifspielchen, die allen sichtlich peinlich sind, um von montags bis freitags 50 Minuten Sendezeit totzuschlagen? Und falls ja, musste man dafür wirklich diesen Plapperautomaten namens Mandana Naderian als Komoderatorin verpflichten? Wozu, bitte schön, soll diese Grütze gut sein?! Und was hatte es beispielsweise damit auf sich, dass da in der vergangenen Woche plötzlich ein Mann mit Namen „Harald Schmidt“ am Zuschauertelefon war, der sich tatsächlich als „der“ Harald Schmidt entpuppte und davon selbst nicht minder irritiert zu sein schien?

Das Traurigste übrigens (wen das jetzt noch interessiert), das es aus der ersten „ARD-NachTisch“-Woche zu berichten gibt, berichtete wenige Tage nach dem Start die Nachrichtenagentur dpa: „Das neue Magazin ‚NachTisch‘ sahen am Mittwoch ab 14.10 Uhr nach Senderangaben nur noch 460.000 Menschen bei einem Marktanteil von 5,1 Prozent.“

CHRISTOPH SCHULTHEIS