Jobsucher stellen sich quer

Einst Vorzeigeprojekt der Stadt Bonn, heute unter Generalverdacht: Der Verein „Go4Jobs“ wehrt sich gegen den Vorwurf unrechtmäßig verwendeter Zuschüsse und gegen Rückforderungen der Stadt

VON MARTIN OCHMANN

Der Streit der Stadt Bonn mit dem Verein „Go4Jobs“ geht in die nächste Runde. In der Auseinandersetzung um angeblich nicht sachgemäß verwendete Zuschüsse verweigert der ehemalige Vorstand des Vereins dem Rechnungsprüfungsamt die Einsicht in die Akten der Jahre 2002 und 2003. Das Rechtsamt prüft nun eine Anzeige bei der Staatsanwaltschaft.

„Go4Jobs“ galt bislang als Vorzeigeprojekt der Stadt. Diese hat den Verein vor acht Jahren mit der damaligen Bundesanstalt für Arbeit ins Leben gerufen. Die Initiative kümmerte sich um die Vermittlung von Lehrstellen für Jugendliche ausländischer Herkunft. Im Erfolg dieser Arbeit sonnte sich die Stadt gerne, jahrelang hatte sie den Verein mit großzügigen Fördersummen gehätschelt.

Doch von einem Tag auf den anderen fiel „Go4Jobs“ in Ungnade. Seit November zahlt das Sozialamt keine Zuschüsse mehr, der Verein beschloss deswegen Ende letzten Monats die Auflösung. „Fallen gelassen wie eine heiße Kartoffel“ wurde der Verein nach Meinung der sozialpolitischen Sprecherin der Grünen, Coletta Manemann. Sie ist „fassungslos“ über das Vorgehen der Stadtverwaltung.

Was war passiert? Hinter dem Rücken des Vorstands hatte ein Revisor des Sozialamts Anfang November 2004 heimlich Buchungsbelege in den Vereinsräumen überprüft. Es habe „konkrete Hinweise“ gegeben, dass städtische Zuschüsse nicht ordnungsgemäß verwendet wurden, begründet man die Durchsuchung beim Presseamt.

Nach wie vor erbost über dieses Vorgehen ist der Ex-Vereinsvorsitzende von „Go4Jobs“, Manuel Garcia. „Die Überprüfung war nicht rechtmäßig“, ist Garcia überzeugt. Doch schwerer als dieser „Vertrauensbruch“ wiegt für Garcia die Tatsache, dass die Stadt im Folgenden keinerlei Gesprächsbereitschaft zeigte und auf Angebote des Vereins, die Vorwürfe gemeinsam auszuräumen, nicht einging.

Die Anschuldigungen – unter anderem sollten Flüge und Geschenke mit städtischen Mitteln bezahlt worden sein – konnten schnell ausgeräumt werden. Doch das mittlerweile zuständige Rechnungsprüfungsamt lässt nicht locker. Es verlangt nun Einsicht in die Akten der Vorjahre. Aber Garcia und seine ehemaligen Mitstreiter, von denen die meisten aus Einwandererfamilien stammen, stellen sich quer. Garcia ärgert, dass der Verein nun, da sich die bisherigen Vorwürfe nicht erhärten ließen, einem Generalverdacht ausgesetzt wird. Die Verwaltung kriminalisiere mit „ominösen und nebulösen Andeutungen“ und drohe „voller Brutalität und unerträglicher Arroganz“ mit der juristischen Keule, so der langjährige Vorsitzende von „Go4Jobs“.

Wie das ehemalige Lieblingskind der Stadt so in die Schusslinie der Verwaltung geraten konnte, sorgt allgemein für Ratlosigkeit. Auch Coletta Manemann kann über die Gründe nur spekulieren. Fest steht ihrer Meinung nach jedoch, dass die Stadt, die jetzt nicht nur Rechenschaft über jeden Cent fordert, sondern auch 14.239 Euro zurück fordert, sich Fragen bezüglich ihrer bisherigen Förder- und Vergabepraxis gefallen lassen muss. Da diese im Falle einer Anzeige zwangsläufig Gefahr läuft, ins Visier der Ermittlungen zu geraten, scheint man dem Verein nun über einen Umweg beikommen zu wollen. Die Bonner Arbeitsagentur hat Anzeige bei der Staatsanwaltschaft erstattet. Der Vorwurf: unrechtmäßig gezahlte Aufwandsentschädigungen. Mit dem Begriff „Cliquenbildung“ kommentiert Garcia dieses Vorgehen. Denn Sozialamtsleiter Dieter Liminski ist zugleich Geschäftsführer der lokalen Arbeitsgemeinschaft (ARGE) der Stadt und der Agentur für Arbeit.