So lange es geht

ZIVILCOURAGE Richard Haufe-Ahmels hat ein Porträt der Auschwitz-Überlebenden Esther Bauer gedreht. Gestern gab es für die Dokumentation „Einfach Esther“ einen Bertini-Preis

Nur über eine Zeitspanne spricht sie kaum: Zehn Tage war sie im KZ Auschwitz

VON GASTON KIRSCHE

„Wir sterben aus – umso wichtiger ist es mir, so lange davon zu berichten, wie es geht.“ Mit fast 90 Jahren erzählt Esther Bauer immer noch unermüdlich in Schulen, auf Veranstaltungen von ihrem Leben. Und wie sie den Nationalsozialismus überlebt hat.

Ihre Eltern haben es nicht geschafft. Ihr Vater Alberto Jonas, Direktor der jüdischen Mädchenschule, starb nach nur sechs Wochen im KZ Theresienstadt an Mengingitis. Esther Bauer überlebte dort nur knapp eine Lüngenentzündung. Weil ihr eine Ärztin von außerhalb half. Denn die eigene Mutter Marie, Ärztin, Lehrerin und dort Lagerärztin – konnte ihr nicht helfen: „Sie konnte Kranken nur warme Worte oder ein Stück Watte geben.“

Bereitwillig und offen schildert Esther Bauer dies im Film „Esther – eine Eppendorfer Lebensgeschichte“. Nur über eine Zeitspanne spricht sie kaum: Zehn Tage war sie im Konzentrations- und Vernichtungslager Auschwitz. Den Geruch, der über dem Lager hing, wird sie nie vergessen, sagt sie nur. Und die Todesschreie. Esther Bauer wurde für einen Zwangsarbeitseinsatz selektiert: Die Deutschen brauchten sie für den Flugzeugbau. Ihre Mutter musste in der Gaskammer sterben.

Befreit wurde Esther Bauer schließlich von der Roten Armee aus dem KZ Mauthausen, heute lebt sie in New York. Und berichtet nach vielen Jahren des Schweigens bei Besuchen in Hamburg über die Nazizeit. So lernte sie auch der Abiturient Richard Haufe-Ahmels kennen. Gemeinsam mit einem Freund, der die Kamera übernahm, hat er eine Dokumention mit ihr gedreht, sie in ihrer New Yorker Wohnung besucht, sie in Hamburg begleitet. Ein einstündiges Portrait, die meiste Zeit davon erzählt Esther Bauer.

Dafür hat Richard Haufe-Ahmels gestern am Gedenktag für die Shoahopfer einen der Bertini-Preise für Zivilcourage verliehen bekommen. Trotz verrissener Kameraschwenks und obwohl jegliche kritische Nachfrage fehlt. Denn darum geht es in einem solchen Fall nicht wirklich. Sondern darum, so lange davon zu berichten, wie es geht.

■ Mo, 30. 1., 18 Uhr, Bezirksamt Hamburg-Nord, Großer Sitzungssaal (der Regisseur ist anwesend); weitere Termine: Di, 31. 1., 16.45 Uhr, Abaton, Allendeplatz 3 (der Regisseur und Esther Bauer sind anwesend); So, 12. 2., 15 Uhr, Magazin, Fiefstücken 8a; Di, 14. 2., 13.30 Uhr, ella – Kulturhaus Langenhorn, Käkenflur 30