ARGENTINIEN VERSUCHT, SUBVENTIONEN ZU MINDERN
: Freiwillige vor!

Nebensachen aus Buenos Aires

VON JÜRGEN VOGT

Neulich bekamen die porteños, wie die BewohnerInnen der Hafenstadt Buenos Aires genannt werden, Post von der Regierung. Darin fragte sie, ob die Bürger nicht freiwillig auf die staatlichen Subventionen für Gas, Wasser und Strom verzichten wollen. Die Beihilfen wurden vor mehr als zehn Jahren eingeführt, als Stadt und Land im sozialen Chaos versanken. Jetzt will die Regierung so rasch wie möglich Subventionen streichen.

Präsidentin Cristina Kirchner ging mit gutem Beispiel voran und erklärte als Erste ihren Verzicht, dann folgten Regierungsmitglieder und der Regierung freundlich gesinnte Prominente. Freiwillig zu verzichten, fällt nicht jedem so leicht. Von 100 Peso für den Wasserverbrauch zahlt der Staat 75 Peso. Den ohnehin niedrigen Gaspreis subventioniert der Staat mit rund einem Drittel. Ebenso beim Strom: Seine Stromrechnung sei wegen des sparsamen Verbrauchs und der Subventionen immer im Plus gewesen. „Und jetzt soll ich für meine Sparsamkeit bestraft werden“, wettert ein Bekannter. Dass seine Argumentation nicht ganz stimmig ist, will er nicht akzeptieren. Er stimmt jedoch zu, dass die porteños Energie- und WasserverschwenderInnen sind. Gedankenlos verschwenden sie den subventionierten Billigstrom mit auf Hochtouren laufenden Klimaanlagen bei offenen Türen und Fenstern. Mit dem Trinkwasser, mit dem sie allmorgendlich die Gehwege abspritzen, ließe sich eine Kleinstadt versorgen.

Gestrichen wird jedoch nicht auf einen Schlag. Erst vor einigen Jahren musste die Regierung eine Anhebung der Stromtarife zurücknehmen. „No al Tarifazo!“, skandierten die Betroffenen in den Straßen der Hauptstadt. Um diesmal einen kollektiven Aufschrei des Protestes zu vermeiden, geht die Regierung scheibchenweise vor. In den Vierteln der wirklich Reichen sind die Beihilfen ohne Nachfrage bereits gestrichen. Schrittweise geht es weiter. In den kommenden Wochen erhalten die weniger Begüterten einen Fragebogen. Wer ihn beantwortet, bekommt Besuch von einem Staatsangestellten, der einen Subventionsanspruch überprüft. Nur wer den Nachfrager überzeugt, zahlt weiter die subventionierten Tarife.