Schrumpfende Unis groß gerechnet

Sparvorgaben des Senats kosten 10.000 Studienplätze bis 2009. Mehrarbeit der Professoren, sowie neue und vorhandene Plätze an der Fachhochschulen sollen das ausgleichen. An den Unis aber wird es für die Studierenden eng

Was sich „Strukturplan der Berliner Hochschulen“ nennt, müsste korrekterweise „Sparplan“ heißen, denn darum geht es in der Hauptsache, wie die gestrige Vorstellung der Verhandlungsergebnisse zwischen Wissenschaftssenator Thomas Flierl (PDS) und den Berliner Hochschulen aufzeigt. Bisher gibt es in Berlin für die 140.000 tatsächlich Studierenden schon jetzt nur 85.000 ausfinanzierte Studienplätze. Sparvorgaben des Senats kosten nun weitere 10.000 Plätze bis 2009. Flierl will dieses Defizit durch zwei Maßnahmen ausgleichen: Universitätsprofessoren müssen bereits seit letztem Jahr neun Wochenstunden, also eine Stunde mehr als bisher, unterrichten. Dadurch ergibt sich ein Zuwachs von 3.000 Studienplätzen. Zusätzlich sollen von den Fachhochschulen 3.000 neue Plätze geschaffen werden. Zudem würden bereits bestehende Studienangebote an den Fachhochschulen erstmals mit berücksichtigt, sodass insgesamt Berlin nur 1.000 Plätze verlieren werde, so die Rechenleistung des Senators

Den Studienbewerbern für die drei großen Universitäten HU, FU und TU nützt das allerdings wenig. „Durch eine Verschärfung der NCs werden wir in den kommenden Jahren wohl zwischen 7.000 und 10.000 Plätze weniger besetzen“, bestätigt Elmar Tenorth, Vizepräsident für Lehre und Studium an der HU.

Allein an den drei Universitäten fallen fast 220 Professuren weg. Damit sei die „absolute Untergrenze an Plätzen“, erreicht, erkannte auch der Wissenschaftssenator. Wichtig sei, dass die niedrigeren Studierendenzahlen durch höhere Absolventenquoten aufgefangen würden. „Die Einführung von Bachelor- und Masterstudiengängen dient diesem Ziel“, so Flierl. Zudem betonte er, dass der Abbau der Professuren und damit des Lehrangebots nicht einseitig zu Lasten etwa der Sozialwissenschaften gehen wird.

„Stimmt nicht“, sagt dagegen Lisa Paus, bildungspolitische Sprecherin der Grünen: „Die Berliner Unis verabschieden sich mit ihrem Strukturplan komplett aus der qualitativen Sozialforschung.“ Fakt ist: Ein eigenständiger Fachbereich Soziologie ist an keiner der Universitäten mehr vorgesehen. Die Soziologie-Professur an der FU wurde bereits einem anderen Fachbereich angegliedert, gleiches geschieht im Zuge der Strukturplanung nun an der HU. Paus kritisiert auch, dass das jetzige Missverhältnis von Angebot und Nachfrage an Studienplätzen sich weiter verschärfen wird.

Nötig war eine neue Strukturplanung für die Universitäten geworden, da sie sich in den Hochschulverträgen verpflichten, zusammen 75 Millionen Euro bis zum Jahr 2009 einzusparen. Tatsächlich müssen sie infolge wachsender Pensionslasten sogar mit 98 Millionen Euro weniger haushalten. Den größten Sparanteil von 37 Millionen soll die Freie Universität aufbringen, die dazu 86 Professuren plus zugehörige Mitarbeiterstellen vor allem in den Sprach- und Kulturwissenschaften streichen wird. TINA HÜTTL