Libanon hat wieder eine Regierung

Ministerpräsident Nadschib Mikati stellt sein neues Kabinett vor. Dessen wichtigste Aufgabe ist die Verabschiedung eines Wahlgesetzes, damit die Parlamentswahlen in der verfassungsmäßig vorgeschriebenen Zeit stattfinden können

VON KARIM EL-GAWHARY

Nach mehr als sieben Wochen politischen Vakuums besitzt der Libanon wieder eine Regierung. Der am Freitag ernannte neue libanesische Ministerpräsident Nadschib Mikati hat gestern sein Kabinett vorgestellt.

Damit sind die Chancen gestiegen, dass der von der Verfassung vorgeschriebene Wahltermin bis spätestens 31. Mai doch noch eingehalten werden kann. Mikati versprach, „dass Wahlen innerhalb kürzester Zeit und innerhalb des verfassungsmäßig gebotenen Rahmens abgehalten werden“.

Das neue Kabinett besteht aus 14 Mitgliedern, meist Geschäftsleute und Technokraten verschiedener Konfessionen, die allesamt nicht in den bevorstehenden Wahlen kandidieren werden. Seine größte Herausforderung: In weniger als zwei Wochen muss es ein Vertrauensvotum gewinnen und ein Wahlgesetz verabschieden, damit die Parlamentswahlen in der vorgeschriebenen Zeit abgehalten werden können. In einem Land mit zahlreichen konkurrierenden Religionsgruppen ist vor allem die Festlegung der Wahlbezirke ein hochgradiges Politikum. Außerdem muss die neue Regierung versuchen, einen Ausgleich zwischen den Syrien-Loyalisten und der Opposition zu finden. Ein Versprechen hat die Opposition dem neuen Regierungschef, der als persönlicher Freund der Familie des syrischen Präsidenten Baschar al-Assad gilt, bereits abgerungen. Er werde sofort für die Absetzung der prosyrischen libanesischen Sicherheitschefs sorgen, kündigte Mikati nach der Vorstellung seines Kabinetts an.

Die libanesische Opposition hat ihre Forderungen an eine Übergangsregierung in den letzten Tagen etwas zurückgeschraubt, aus Angst, dass eine Verzögerung der Wahlen nicht nur eine instabile Lage schafft, sondern der Opposition auch ein positives Momentum nimmt.

Nun müssen sich die verschieden libanesischen Gruppen für die Wahlen positionieren. Das größte Problem der Sunniten ist, dass sie keinen politischen Führer vom Kaliber Hariris mehr besitzen, der für ihre Einheit gesorgt hat. Für die Schiiten wird entscheidend sein, wie sich die Hisbollah als wichtigste politische Kraft der größten Religionsgruppe des Landes nach dem Rückzug ihrer Sponsoren, der syrischen Truppen, verhalten wird. Damaskus hat angekündigt das der Truppenabzug bis Monatsende abgeschlossen sein soll. Und unter den christlichen Politikern ist bereits ein heftiger Konkurrenzkampf ausgebrochen, wer die Gebiete übernehmen soll, in denen die prosyrischen christlichen Politiker in den letzten Wochen ihren Einfluss verloren haben.