Japan kürzt AKW-Laufzeiten

ENERGIE Nach 40 Jahren soll Schluss sein. Die Internationale Atomenergiebehörde segnet den japanischen AKW-Stresstest ab

Experten halten die IAEA-Visite für eine PR-Aktion der Regierung

AUS TOKIO MARTIN FRITZ

Das Kabinett in Tokio beschloss einen Gesetzentwurf, der die Laufzeit der Reaktoren auf 40 Jahre beschränkt. Allerdings erlaubt der Entwurf auch eine Verlängerung der Betriebsdauer auf 60 Jahre. Das Gesetz soll der Vertrauensbildung für die Atomindustrie dienen. Ebenso billigte die Regierung die Einrichtung einer zentralen Atomaufsichtsbehörde. Ihre Ansiedlung im Umweltministerium soll die Regulierung der Nuklearindustrie verbessern. Bislang unterstanden die Kontrolleure der Nuklearsicherheitsbehörde Nisa dem Industrieministerium, das die Atomenergie kräftig förderte. Daher seien die Betreiber nur lax kontrolliert worden, monieren Kritiker.

Die Wiederinbetriebnahme der momentan bis auf drei Reaktoren abgeschalteten Atommeiler in Japan rückt unterdessen näher. Die von der Regierung angeordneten Stresstests entsprechen „allgemein“ den Standards der Wiener UN-Atombehörde, erklärte eine zehnköpfige IAEA-Expertengruppe nach neun Tagen in Japan. Auf Einladung der Regierung wurden zwei AKWs in der Präfektur Fukui besucht, die nach Ansicht der Nisa einem Erdbeben und Tsunami der Fukushima-Stärke standhalten, wie Computersimulationen der Betreiber der Kraftwerke ergeben hätten.

Die Inspektoren fanden zwei Schwachstellen. Erstens stehe eine gründlichere, zweite Bewertung der Vorbereitungen auf einen schweren Unfall aus. Dafür müssten die Versorger umfassende Managementprogramme entwickeln. Bisher haben die Betreiber für 15 der 54 Reaktoren ein positives Stresstest-Ergebnis vorlegt. Im April werden in Japan vorübergehend alle Atommeiler vom Netz sein.

Zweitens verlangten die IAEA-Experten, die Bevölkerung stärker in die Stresstests einzubeziehen. „Je mehr Informationen mit den Anwohnern ausgetauscht werden, desto besser“, betonte Delegationsleiter James Lyons. In den Ortschaften um die AKWs traut man den offiziellen Sicherheitsbeteuerungen wenig. Die Anwohner haben aber das letzte Wort, ob die Reaktoren nach bestandenem Stresstest wieder ans Netz gehen. „Was wissen die Nisa-Mitarbeiter, die in ihren Büros in Tokio sitzen, schon von den alternden Reaktoren?“, fragte Katsutaka Itogawa, Bürgermeister der evakuierten Stadt Futaba nahe der havarierten Atomanlage Fukushima.

Experten halten die IAEA-Visite für eine PR-Aktion der atomfreundlichen Regierung. „Der Besuch einer Organisation, die sich für Atomkraft einsetzt, ist in eine Geschichte eingebaut, deren Ende schon geschrieben ist“, kritisierten der Metallforscher Hiromitsu Ino und der frühere AKW-Entwickler Masashi Goto, beide Berater der Nisa. Sie halten die Computersimulationen für unzureichend. Sie würden kein menschliches und technisches Versagen mit einkalkulieren.