Elefanten suchen neues Vertrauen

USA-CHINA-GIPFEL Die Regierungen Chinas und der USA haben sich in Washington getroffen. Schließlich zahlt Peking die Hälfte des US-Konjunkturpaketes. Für die Europäer sollte das ein Ansporn sein

WASHINGTON taz | Das Treffen ließ nichts an hochmögender Symbolik vermissen: US-Außenministerin Hillary Clinton und US-Finanzminister Tim Geithner begrüßten als Gastgeber eine 200-köpfige chinesische Delegation, davon allein 28 Teilnehmende auf Ministerebene. Das zweitägige sino-amerikanische Wirtschafts- und Strategieforum sollte ein globaler Hingucker werden, konkrete Ergebnisse waren aber rar.

Das Washingtoner Treffen endete am Dienstag mit einigen Absichtserklärungen zu Kooperationen bei der Klimaschutzpolitik und im Bereich erneuerbarer Energien sowie wirtschaftspolitischen Harmonisierungsvorhaben. Das Armdrücken um kontroverse Details überließen beide Seiten künftigen, intimeren Runden.

Die von den USA ausgehende globale Finanzkrise hat die Vereinigten Staaten geschwächt und China weniger belastet als westliche Industriestaaten. Es wäre daher geradezu fahrlässig, würden die USA in solchen Zeiten nicht den Dialog zu suchen. Denn China ist nicht nur zweitgrößter Handelspartner der USA, sondern auch ihr größter Gläubiger. Jeder zweite Dollar, den Präsident Barack Obama für sein knapp 800 Milliarden teures Stimuluspaket ausgegeben will, wird von Peking finanziert.

Kein Wunder, dass die Washingtoner Gastgeber zwar den offenen Dialog, nicht aber das Tachelesreden über Streitpunkte im Sinn hatten. Die da wären: die unterbewertete chinesische Währung, Produktpiraterie, Protektionismus, Marinescharmützel im Pazifik und Menschenrechte.

Obama meint es durchaus ernst mit seinen außenpolitischen Bemühungen um eine neue Tonlage. Die Überzeugung seiner Regierung, dass zahlreiche Probleme der USA, sei es zuhause oder in der Welt, nicht mehr ohne Berücksichtigung Pekings zu handhaben sind, ist unmissverständlich. Mit Chinas Aufstieg und seiner wirtschaftlichen Präsenz auf nunmehr allen Kontinenten ergeben sich, so die Obama-Schule der Außenpolitik, neue Chancen zur Kooperation. Wie schon im Falle Irans und Russlands deutlich wurde, will Obama daher weg von der Betonung der Differenzen hin zum Blick auf die Gemeinsamkeiten.

Doch was bringen solche mediengerechten Elefantenrunden? Dass sich China und die USA zu hochrangigen Zweiergipfeln treffen, ist nicht neu. Erste Runden dieses Formats gibt es schon seit 2006. Bushs Finanzminister, der ehemalige Goldman-Sachs-Manager Henry Paulson, hat schon bewiesen, dass sie stets dann produktiv sind, wenn sie nicht so sehr im Lichte der Öffentlichkeit stehen. Paulson war es damals eher im Stillen gelungen, China zu einer Aufwertung seiner Währung um beachtliche 20 Prozent zu bewegen. Ein Schritt, der den US-Kongress gerade noch davon abbringen konnte, wegen des gigantischen Handelsbilanzdefizits saftige Strafzölle auf chinesische Importe zu verhängen und das Verhältnis nachhaltig zu trüben. Damals konnte immerhin auch ereicht werden, dass die Volksrepublik weitere Waffenverkäufe an den Iran zurückfuhr und seinen Rohstoffeinkaufstouren gelegentlich auch mal Investitionen in humanitäre Bereiche folgen ließ.

Beide Seiten haben aber noch immer Redebedarf. Für Europa, das die Tendenz hat, sich darob pikiert zu fühlen, kann das nur bedeuten, dass es ebenfalls den Austausch intensivieren muss, statt darüber zu sinnieren, ob es nun in Washington weniger willkommen ist. Gerade in Zeiten des Ringens um Klimapolitik, alternative Energien und die Zukunft sozialer Absicherung sind Inputs aus Europa gefragt. Das Treffen war vor allem eine vertrauensbildende Maßnahme. ADRIENNE WOLTERSDORF

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