schurians runde welten
: Rüttgers Club

„Alle Gespräche über die Zukunft werden zurückgestellt.“ (Peter Pander, Gladbachs neuer Manager)

Kollegen können gemein sein. Über den christdemokratischen Kandidaten Jürgen Rüttgers heißt es, er mache sich besser auf Tupper-Partys als im Fußballstadion. Dazu passt auch das familiäre Nähkästchen, das der Oppositionsführer der NRW-CDU zum Thema Fußball nur zaghaft öffnet: Im Paargespräch mit der Bunte sagte Jürgen Rüttgers nebst Gattin Angelika: „Wir sind schon immer Fans des 1. FC Köln gewesen – durch alle Höhen und Tiefen hindurch.“ Muss Frau Rüttgers auch am 22. Mai wählen, was ihr Mann sagt?

Sein Gegenspieler Peer Steinbrück, SPD-Ministerpräsident, ist der bekanntere Fußballfan. Wie es sich für einen halb originellen Sozialliberalen gehört, hängt er an Borussia Mönchengladbach in etwa so wie an den ersten Zeilen des Godesberger Programmes.

Borussia gegen Köln; ist es nur ein Zufall in Wahlkampfzeiten, dass der C-Politiker recht zuversichtlich auf den Kölner Wiederaufstieg in die Erste Bundesliga hoffen kann, der Amtsträger hingegen nach Abgängen nur noch den Absturz in die Zweitklassigkeit vermeiden will? Und dass beide Clubs ihre besten Tage längst hinter sich haben?

Wichtiger an Steinbrück und Rüttgers Verhältnis zum Fußball ist ihre eher ungelenke Ranschmeiße an den Volkssport, ihre grotesken Posen am Lederball. In weniger sexualisierten, weniger sportifizierten Zeiten hielten sich Politiker Kleinkinder an die Wange – die Fußballisierung der Politik wie das Umgekehrte ist in etwa so glaubwürdig wie Franz Münteferings bibelfeste Kapitalismuskritik über die habsüchtige Heuschreckenplage. Es geht nur um die populärere Verpackung der eigenen Ohnmächtigkeit, um Symbole.

Auch dabei liegen die landespolitisch favorisierten Fußballvereine gleich auf: Ganz in weiß stellte der FC die erste BRD-Kopie der Königlichen Madrids. Kölns damaliger Vereinspräsident Franz Kremer freute sich am bockigen Maskottchen, einer Schenkung der Familie Sarasani, der Name wurde eine Würdigung an den einstigen Spielertrainer. Nebenbei erfand Kremer die Bundesliga: Nach dem Krieg wurde der Westdeutsche Fußballmeister stets in ein silbernes Meisterbuch graviert. Der Kölner FC-Boss schlug das zu, ließ Kunsthandwerker der Kölner Werkschule eine Meisterschale fertigen, praktischerweise galt ihre erste Gravur der Geißbock-Elf.

Fußballhistorisch ging es für den FC erstmal durchs Tal, die niederrheinischen Rivalen von Borussia Mönchengladbach eroberten die Herzen: Ausgerechnet mit dem Kölner Trainer und Namenspatron Hennes Weisweiler wurden aus jungen Gladbachern Fohlen, langmähnige Vorbildern, nur durch fliegende Coladosen oder Pfostenbrüche aufzuhalten. Und dann kamen Matthäus, Effenberg, Ziege, Steinbrück. CHRISTOPH SCHURIAN