Was täten wir ohne Geld?

LABOR Wenn aus dem Kredit die Torte wird: In der siebten Winterakademie des Theaters an der Parkaue erkunden Kinder und Jugendliche das Geld

„Sagen wir, wir haben Geld.“ Das ist das Motto der siebten Winterakademie, die bis 4. Februar im Theater an der Parkaue stattfindet. Jedes Jahr beschäftigt sich die Akademie mit einem Thema, das in der Zusammenarbeit von Künstlern mit knapp 100 Kindern in verschiedenen „Laboren“ bearbeitet wird.

In diesem Jahr soll der Frage nachgegangen werden, wie ökonomische Systeme funktionieren und welche Rolle das Geld im globalen Finanzmarkt spielt. Das sind Zusammenhänge, bei denen es erst einmal schwerfällt, sich vorzustellen, dass diese schon bei Kindern im Alter von acht Jahren – das ist das Mindestalter im ersten Labor – auf Interesse stoßen. Karola Marsch, die künstlerische Leitung der Akademie, hat diesbezüglich keine Bedenken. Die Kinder sollen „angestachelt“ werden, die komplexen Zusammenhänge des Finanzmarkts zusammen mit den leitenden Künstlern der Labore zu „entmystifizieren“. So können die Kinder das, was je nach Altersstufe inhaltlich verarbeitet wird, mitnehmen und es künstlerisch weiterentwickeln.

Beim Besuch der einzelnen Labore merkt man, dass Karola Marsch recht hat. Die Auseinandersetzung mit den Zusammenhängen des Gelds ist sehr konkret und wirkt so der Gefahr entgegen, dass die Kinder inhaltlich aussteigen.

In einer der Werkstätten kreieren die Kinder zusammen mit den Musikern der Puppetmastaz Puppen. So lassen sie zum Beispiel eine Kreditkarte Arme und Beine bekommen und in ein Café spazieren, wo sie sich anschließend in Eis oder Torten verwandelt, was den Zusammenhang zwischen Geld und Ware lebendig macht. Ein abstraktes Konzept wie die „Rente“ spaziert als bucklige, alte Frau durch den Raum und ergründet ihren Charakter im Zusammentreffen mit anderen Figuren, wo sie etwa erklären muss, warum sie sich keine neue Jacke leisten kann.

Ein anderes Labor setzt sich spielerisch mit der Frage auseinander, was passieren könnte, gäbe es nicht nur kein Geld mehr, sondern wäre ebenfalls die Idee des Geldes aus den Köpfen der Menschen verschwunden. In diesem Zusammenhang entwickeln die 10 bis 12 Jahre alten Kinder Lösungen, wie die alltäglichen Abläufe ihres eigenen Lebens und dem der anderen noch sichergestellt werden könnten. Was passiert mit dem Müll, woher beziehen wir unseren Strom? Die Antworten der Kinder darauf mögen verblüffen, erklären sie einem doch das Prinzip der Eigenverantwortung.

Man streift weiter durch die Werkstätten und merkt, was sich da in diesen Räumen findet, ist ein kleines Stück Utopie, das von den Teilnehmern künstlerisch in etwas Wahrhaftiges verwandelt wird. Bei den zwei Laboren mit den älteren Teilnehmern von 15 bis 20 Jahren wird aus diesem „Was wäre, wenn“-Spiel jedoch schnell etwas Reales, wenn sie sich mit einem Unternehmensberater, Weltbanker oder Attac-Anhänger treffen, um ihre eigenen Finanzkonzepte auszuarbeiten.

Sie sind erstaunlich, die kleinen Welten, auf die man in dieser Woche im Theater an der Parkaue trifft. Sie werden am Samstag der Öffentlichkeit zugänglich, wenn die Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Winterakademie ab 16 Uhr die Ergebnisse ihrer Auseinandersetzung mit Geld, Fantasie und Kunst präsentieren.

LISA FORSTER