Lücken schließen

Verein appelliert an Privatleute, für frühere NS-ZwangsarbeiterInnen zu spenden. Viele sind von der Stiftung „Erinnerung, Verantwortung und Zukunft“ ausgeschlossen

Das Thema schien abgeschlossen zu sein. Mit der Errichtung der Stiftung „Erinnerung, Verantwortung und Zukunft“ im Jahr 2000 sollten NS-ZwangsarbeiterInnen fast 60 Jahre nach Kriegsende eine kleine finanzielle Entschädigung für ihr Leid bekommen. Doch kaum zahlte die Stiftung die ersten Beträge aus, zeigte sich: Das Geld reicht nicht, zigtausende ZwangsarbeiterInnen sind von der Entschädigung ausgeschlossen. Um diese Lücke zu schließen, fordert der Verein „Kontakte“ nun Privatleute auf, einen Teil ihres Einkommens ehemaligen ZwangsarbeiterInnen zu spenden.

In Berlin, wo sich die Initiative gegründet hat, konnten bereits 600.000 Euro eingeworben werden. In Hamburg haben bisher rund 50 ErstunterzeichnerInnen eine Spende zugesagt. So will der frühere Bürgerschaftsabgeordnete Martin Schmidt (GAL) mit seiner Spende einen Teil des Kindergeldes zurückbezahlen, das seine Eltern damals für ihn bekommen haben. „Das wurde von den Zwangsarbeitern mitfinanziert“, erklärte Schmidt gestern. „70 Prozent ihres Arbeitslohnes wurden als Lohnsteuern abgeführt und für Staatsausgaben verwandt“.

Der Verein konzentriert sich auf die Länder der ehemaligen Sowjetunion, weil die Not unter den dortigen NS-Opfern laut Initiatorin Hilde Schramm am größten ist. Von den Stiftungsgeldern ausgeschlossen sind alle ZwangsarbeiterInnen, die ihr Schicksal nicht anhand von Papieren beweisen können. Viele haben die Dokumente nach ihrer Rückkehr aus Deutschland vernichtet, weil sie Angst hatten, als Kollaborateure stigmatisiert zu werden. Ebenfalls kein Geld bekommt, wer nicht in Deutschland, sondern in seinem Heimatstaat für die deutsche Besatzungsmacht arbeiten musste, sowie alle Verfolgten, die den Krieg in einem Versteck überlebten.

Die größte Gruppe aber stellen die sowjetischen Kriegsgefangenen. Die fallen als Opfergruppe grundsätzlich aus der Entschädigung raus – obwohl auch sie wie Sklaven unter menschenunwürdigen Bedingungen gehalten wurden. Laut Schramm wurden Kriegsgefangene wohl aus der Stiftung ausgeschlossen, „um der Gefahr zu entgehen, dass ihr Leid gegen das deutscher Kriegsgefangener aufgerechnet wird“. ELKE SPANNER

Spendenkonto: Kontakte e. V., Berliner Volksbank, Kennwort „NS-Zwangsarbeiter“, Konto: 2424, BLZ: 100 900 00