Keine Nadeln für Folteropfer

Seit mehr als drei Jahren arbeitet Christiane Rodde für Refugio. Wer traumatisiert ist, dem könnten Psychologen allein nicht helfen, sagt die Naturheilpraktikerin

Das Herz ist gesund, weder EKG noch andere Untersuchungen liefern irgend einen organischen Befund. Schmerzen hat M. dennoch. Als bosnischer Bürgerkriegsflüchtling kam er nach Deutschland, jetzt ist er bei Christiane Rodde in Behandlung. Die Heilpraktikerin und Shiatsu-Therapeutin arbeitet seit mehr als fünf Jahren für Refugio, psychosoziale Beratungsstelle für ausländische Flüchtlinge.

Einen Nachmittag in der Woche hat Rodde ausschließlich für Opfer von Krieg oder Folter reserviert, bis zu sieben von ihnen kommen dann in die Naturheilpraxis nach Bremen-Vegesack. Viele andere stehen noch auf der Warteliste: Der Bedarf ist „dreimal so groß“ schätzt Rodde.

Mit klassischer Psychotherapie oder Entspannungsübungen allein könne nicht allen Flüchtlingen geholfen werden, betont Rodde. Viele PatientInnen litten nicht nur an traumatischen Störungen, sondern klagten über Kopf-, Gelenk- oder Rückenschmerzen, auch Schlafstörungen, Zittern oder Schweißausbrüche seien nicht selten. „Ihre Beschwerden sind sehr viel stärker, als ich sie bei anderen PatientInnen erlebe“, sagt die Heilpraktikerin, die seit 1996 in einer eigenen Praxis arbeitet.

Doch nicht alle Naturheilverfahren eignen sich für Flüchtlinge: Wer schon Folter erlebt habe, erzählt Rodde, wolle sich nicht unbedingt auch den Akkupunkturnadeln aussetzen. Die gelernte Chemietechnikerin setzt deshalb neben chinesischer Medizin oder Shiatsu-Massagen auch homöopathische Mittel ein. Diese hätten sich nicht nur als Haus- und Notfall-Apotheke bei Entzündungen oder Schmerzen bewährt. Auch das Anti-Depressivum Johanniskraut empfehle sie, ebenso wie nervenberuhigende Tees. „Damit habe ich gute Erfahrungen gemacht.“

Angesichts drohender Abschiebung erwiesen sich die Flüchtlinge dabei meist als „sehr viel therapieresistenter“ als Roddes übrige PatientInnen. Zwei Jahre Therapie mit regelmäßiger Behandlung seien die Regel. Dabei kann Rodde an ihrer Praxis die Konfliktherde der Welt gut ablesen: Derzeit kommen vor allem Flüchtlinge aus Ex-Jugoslawien, Tschetschenien oder Kurden aus dem Irak. frs