Gnadenlosigkeit von Amts wegen

Drogenabhängiger Aidskranker wird vom Amt für Soziale Dienste komplett im Regen stehen gelassen

bremen taz ■ Das hat den Geschäftsführer der Bremer Aidshilfe Thomas Fenkl dann doch geschockt: Als ihm ein Klient, Aids-krank und drogenabhängig, erzählte, wie im Amt für Soziale Dienste mit ihm verfahren wurde. Als der Mann mittellos auf dem Amt aufgekreuzt sei, um Geld oder wenigstens Essensgutscheine zu erbitten, sei er komplett abgeblitzt. Er solle sich an die Bremer Tafel wenden – da gebe es Lebensmittel für Bedürftige.

Das Schockierende an dem Vorgang: In solchen Fällen zeigte sich das Amt bisher stets von einer menschlichen Seite, gewährte einen Nachschlag oder vergab Gutscheine. Der bloße Hinweis auf die Bremer Tafel hätte dem Mann auch nicht geholfen: Hier muss man sich dienstags als Bedürftiger ausweisen, bekommt eine Bescheinigung und kann dann einmal in der Woche Lebensmittel abholen – noch nicht mal das Geld für die Fahrkarte hätte der Mann gehabt.

Der schwerstabhängige Klient habe das für den Monat ausgezahlte Geld „auf den Kopf gehauen“, erklärt Fenkl ohne Umschweife – für Drogen ausgegeben. „Normalerweise passiert sowas ein- oder zweimal, dann wird das Geld vom Amt nur noch wochenweise gewährt“, so Fenkl. Manche Klienten vereinbarten auch mit der Aidshilfe, das Geld für sie zu verwahren und ihnen alle drei Tage auszuzahlen. Dass es in einem Fall wie diesem vom Amt aber gar nichts mehr gibt, keinen Nachschlag, keinen Gutschein, keinen Vorschuss, das bezeichnet für Fenkl einen „Paradigmenwechsel, der mich erschreckt.“

Worauf sich diese Gnadenlosigkeit von Amts wegen beruft, hat Fenkl nicht herausfinden können. Es handle sich um eine Dienstanweisung, habe ihm die zuständige Sachbearbeiterin erklärt. Das Sozialressort war gestern nicht in der Lage, die Angelegenheit restlos aufzuklären, weil sich die Abteilungsleiterin im Amt zu dem Fall nicht äußerte. Nur soviel sei klar, erklärte Sprecherin Heidrun Ide: Es gebe in der Behörde keinerlei Dienstanweisung, so zu verfahren wie es in diesem Fall geschah.

Der Mann wird jetzt von der Aidshilfe über Wasser gehalten. „Bis er am 28. mit viel Glück wieder sein Geld bekommt“, so Thomas Fenkl. sgi