Zeitungen nach der DDR

In den Wende-Wirren Anfang 1990 brachten sich neben der Thüringer Allgemeinen (TA) auch andere Titel an den Mann, der fast immer ein starker Westverlag war. Ab Sommer 1990 besorgte dann die Treuhandanstalt das Verscherbeln der offiziell volkseigenen Presse. Nur das Neue Deutschland blieb bis heute indirekt in Parteibesitz.

Die zahlreichen Neugründungen der Wendezeit gingen dabei leer aus, zum Zuge kamen stets die großen Zeitungshäuser aus der BRD. Die Segnungen des Westens, der neue Technik finanzierte und – anders als bei der TA – fast überall neue Chefredakteure installierte, waren aber mehr als trügerisch. Durch die völlig verfehlte Privatisierungspolitik wurde die Dominanz der ehemaligen SED-Blätter bis heute festgeschrieben. Auch die kleineren Blätter der Blockparteien hatten keine Chance, genauso wenig neu eingeführte Titel von Westverlagen, die bei der Treuhand leer ausgegangen waren. Bis auf zwei Ausnahmen haben in den neuen Bundesländern nur die Bezirkszeitungen überlebt, die in ihrem Verbreitungsgebiet fast immer ein Monopol haben.

Die Auflagen aller Titel gingen seit 1990 dramatisch zurück. Da in den neuen Ländern auch am Werbemarkt nicht viel zu holen war, finanzieren sich die Zeitungen in den neuen Ländern überwiegend aus Vertriebserlösen.

Sparzwang ist so für Ostblätter seit Jahren Redaktionsalltag. Jüngste Kooperationen wie zwischen Ostsee-Zeitung (Rostock) und Lübecker Nachrichten oder Nordkurier (Neubrandenburg) und Schweriner Volkszeitung führen zu einer weiteren Aushöhlung der Pressevielfalt – und zum Verfall der ohnehin nicht immer guten journalistischen Qualität.

In dünn besiedelten Gebieten, wo die Zustellung der Zeitung ein Vielfaches mehr kostet als in der Großstadt, könnten sich die Verlage sogar irgendwann ganz zurückziehen, fürchtet der Dortmunder Journalistik-Professor Günther Rager. Regionen in Brandenburg oder Mecklenburg-Vorpommern, die von der Abwanderung der Bevölkerung besonders stark betroffen sind, könnten so zu zeitungsfreien Zonen werden. STG

Die taz wird sich auf „flimmern und rauschen“ unter dem Titel „WendePunkte“ in den nächsten Wochen schwerpunktmäßig mit der Medienwende in der DDR befassen.