Kollektiver Fehlpass

Die einen engagiert, aber nervös, die anderen passiv: Am Ende gewinnt Mainz gegen Hannover – irgendwie

Die letzten drei Spiele von Hannover 96 waren allesamt sehr bedeutsam – allerdings jeweils für die gegnerischen Mannschaften: Zuerst trugen „die Roten“ durch eine 0:1-Niederlage in Bochum dazu bei, dass das Team von Trainer Neururer erneut Hoffnung im Abstiegskampf schöpfte. Dann folgte das Heimspiel gegen die Bayern mit einem späten Tor für die Münchner und der daraus resultierenden fast sicheren Meisterschaft. Und nun bringt Hannover den Aufsteiger aus Mainz einen riesigen Schritt näher in Richtung Klassenerhalt. Die 96er also, nach einer glänzenden Hinrunde, nun unfreiwilliger Meistermacher und Rettungssanitäter in einem?

Zumindest sah es bei der Begegnung im Mainzer Bruchwegstadion so aus, als spielte Lienens Truppe eher für die Gegner und gegen sich selbst. Die 0:2-Niederlage geschah ihnen recht – was aber nicht an starken Mainzern, sondern an passiven Hannoveranern lag. Denn den Rheinhessen merkte man die brenzlige Situation – nur zwei Punkte Abstand zum Abstiegsplatz – an. Von ihrer gewohnten Offensiv-Stärke im eigenen Stadion war ja bereits bei der letzten Heimniederlage gegen Wolfsburg nichts zu sehen. Mainz war zwar engagiert, aber nervös, Hannover hingegen kickte uninspiriert. Was dazu führte, dass die 20.300 Zuschauer eines jener Spiele sahen, bei denen der Eindruck entsteht, der Ball sei eine heiße Kartoffel, die keiner will. Bezeichnend für diese kollektiven Fehlpässlichkeiten war folglich auch die Entstehung des ersten Treffers: Der Abstoß des Keepers Enke landete irrtümlich bei einem Mainzer, worauf sich ein strammer Schuss von Mathias Abel anschloss, den Enke nur zur Ecke lenken konnte. Den Eckball erwischte Abel dann besser, dieses Mal mit dem Kopf, und erzielte in der 23. Minute die Mainzer Führung.

Trotz des 1:0 und auch nach dem Seitenwechsel entspannte sich das Spiel der 05er nicht, was man vielleicht am besten an einer vergebenen Riesenchance erkennen konnte: Cottbus-Ausflügler Michael Thurk, der Mainz zum Aufstieg schoss, drosch frei und unbedrängt vor dem Tor stehend den Ball in die Wolken. Doch die Unsicherheit darf man den Bundesliga-Neulingen nicht übel nehmen, zumal sich Hannover nur wenige klitzekleine Chancen erspielen konnte. Und: Sie setzten dann doch noch einen drauf. Fabian Gerber, Ex- und möglicherweise Bald-Hannoveraner, stiebizte sich den Ball im Strafraum und trickste Merstesacker, Cherundolo und Zuraw sowie Torwart Enke aus.

Wenn schon nicht besonders schön, dann ist der 2:0-Sieg der Mainzer allemal verdient. Dank des Statisten bei wichtigen Entscheidungen in der Liga, Hannover 96. „GeMainzam“ – wie auf einer Werbefläche im Mainzer Stadion prangt – mit solchen Gegnern (sowie den verlierenden Rostockern und Bochumern) dürfte der Klassenerhalt von Jürgen Klopps Team eigentlich gebongt sein. Jutta Heeß