Machtkampf entschieden: Schaeffler siegt bei Conti

ÜBERNAHME Conti-Chef Neumann muss gehen. Die Beschäftigtenvertreter befürchten Schlimmes

HANNOVER taz | Sieben Monate nach der Übernahme des Hannoveraner Autozulieferers Continental durch die kleinere Schaeffler Gruppe ist der Machtkampf zwischen beiden Unternehmen entschieden: Conti-Chef Karl-Thomas Neumann steht nach einer dramatischen Marathonsitzung des Aufsichtsrates von Continental vor der Ablösung. Nur ein Veto der Arbeitnehmervertreter in dem Gremium verschaffte dem 48-jährigen Vorstandschef noch einmal knapp zwei Wochen Gnadenfrist. In der Sitzung verlangten die von der Schaeffler Gruppe angeführten Kapitalvertreter geschlossen die Abberufung Neumanns. Der Vorstandschef hatte mit der Forderung nach einer weiter eigenständigen Unternehmensentwicklung von Conti den Unwillen des Großaktionärs erregt.

Die zehn Arbeitnehmervertreter hatten sich geschlossen hinter Neumann gestellt und damit die die sofortige Ablösung des Conti-Chefs unterbunden. Nach den Mitbestimmungsregeln ist für Abberufung und Neubestellung eines Vorstandes zunächst eine Zweidrittelmehrheit im Aufsichtsrat nötig. Bei einem Patt in dem Gremium, einen Veto der Arbeitnehmerseite, kann der Aufsichtsratschef aber ein Vermittlungsverfahren einleiten. Ein dafür zuständiger Ausschuss setzt dann bei Nichteinigung eine zweite Aufsichtsratssitzung an, auf der dann für die Personalentscheidung die einfache Mehrheit ausreicht, wobei die Stimme des Aufsichtsratsvorsitzenden doppelt zählt.

Conti-Aufsichtsratschef und Schaeffler-Berater Rolf Koerfer leitete das Vermittlungsverfahren schon am Donnerstag während der Marathonsitzung ein. Das Kontrollgremium soll nun am 12. August erneut zusammentreten, und dann dürfte aller Voraussicht nach die Ablösung von Neumann vollzogen werden. Nachfolger des Conti-Chefs soll nach Angaben von Arbeitnehmervertretern der Geschäftsleiter der Schaeffler-Automotive-Sparte, Elmar Degenhart, werden.

Der Machtkampf bei Conti geht damit anders als die ähnlich gelagerte Auseinandersetzung bei VW mit der Niederlage des Übernommenen zu Ende. Die Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsrat, wie IG-BCE-Tarifexperte Werner Bischoff und der IG-Metall-Bezirksleiter Hartmut Meine, kritisierten die Ablösung von Neumann scharf. Mit den Schaeffler-Managern, die nun das Ruder bei Conti übernehmen sollen, verbinden die Beschäftigten die Befürchtung, dass diese nicht die Unternehmensinteressen von Conti, sondern die der Muttergesellschaft Schaeffler vertreten. JÜRGEN VOGES