Tabak gesund, Klima okay

SKEPTIKER EIKE glaubt nicht an Erderwärmung

BERLIN taz | Als die Wissenschaftler vom Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung PIK die Klimaskeptiker vom Europäischen Institut für Klima und Energie (EIKE) im April 2011 zu einer informellen Diskussion über deren Thesen einluden, brachten die einen illustren Gast mit: RWE-Manager Fritz Vahrenholt, der sich mit skeptischen Thesen und spitzen Bemerkungen deutlich pro EIKE positionierte.

Mit seinem 445-Seiten-Buch „Die kalte Sonne“ will sich Vahrenholt nun offenbar um den Posten des obersten deutschen Klimaskeptikers bewerben. Bisher sind Leugner des Klimaproblems hierzulande kaum relevant. Ein politisch-ökonomischer Faktor ist der lose Verbund unbekannter Naturwissenschaftler, randständiger Politiker und isolierter Journalisten, anders als in den USA, Großbritannien oder Australien, nicht.

Kernzelle der Klimaskeptiker, die sich vor allem im Internet tummeln, ist EIKE (www.eike-klima-energie.eu). Bei einer jährlichen Konferenz trifft sich die Szene, zuletzt im Dezember 2011 in München. Prominenter Besucher: Fritz Vahrenholt. Dazu tauchen die nur leicht variierten Thesen der Skeptiker immer mal wieder bei Focus und Welt, aber auch im Spiegel auf.

Marie-Luise Dött, umweltpolitische Sprecherin der CDU-Fraktion im Bundestag, verursachte im September 2010 einen kleinen Skandal, weil sie auf einer Veranstaltung mit dem australischen Klimaskeptiker Fred Singer den Klimaschutz als „Ersatzreligion“ bezeichnete.

Mit wirklich harten Bandagen kämpfen die Skeptiker in den USA: Dort dominiert bis heute eine koordinierte, langfristig angelegte und mit dem Geld der großen Rohstoffkonzerne finanzierte Kampagne die Klimadebatte. Wie Naomi Oreskes, Historikerin an der Universität von San Diego, in ihrem Buch „Merchants of Doubt“ nachweist, stammen die US-Skeptiker aus einer Gruppe, die im Auftrag der Industrie seit den 60er Jahren die Gefahren des Tabaks verharmloste. Sie sehen jede Regulierung der Wirtschaft als ersten Schritt zum Kommunismus und kämpfen mit schmutzigen Tricks gegen Gesetze zum Ozonloch, zu saurem Regen und eben zum Klima.

Effekt: Das Thema Klima ist für die US-Politik verbrannt – anders als in Deutschland, wo bislang der wissenschaftliche Konsens zum Thema Klimawandel nicht angezweifelt wird. Keine relevante politische Partei macht sich die Forderungen der Klimaskeptiker zu eigen. Ebendas will der Sozialdemokrat Vahrenholt nun ändern. BERNHARD PÖTTER