: „Gefühlte Kriminalität“
Podiumsdiskussion zur Sicherungsverwahrung
■ 62, ist Vorsitzender Richter einer Großen Strafvollstreckungskammer am Hamburger Landgericht.Foto: Hinz&Kunzt
taz: Herr Becker, warum ist das Thema Sicherungsverwahrung so aktuell?
Horst Becker: Das Bundesverfassungsgericht hat festgestellt, dass die Regelungen zur Sicherungsverwahrung nicht mit dem Grundgesetz vereinbar sind. Deshalb muss bis Mai 2013 ein neues Gesetz beschlossen werden. Bis dahin werden die sogenannten Altfälle geprüft.
Was bedeutet das konkret?
Die Sicherungsverwahrten, von denen keine hochgradige Gefahr schwerster Gewalt- oder Sexualstraftaten ausgeht, sind zu entlassen.
Wer überprüft das?
Das Landesgericht. Wir holen unabhängige forensisch-psychiatrische Gutachten ein, berücksichtigen aber auch andere Komponenten.
Sie haben Herrn B. begutachtet, der jetzt in Jenfeld wohnt.
Ja. Er hatte nach der Haft zehn Jahre in Sicherungsverwahrung verbracht. Die Gutachter haben festgestellt, dass von ihm nur noch eine sehr geringe Gefahr ausgeht. Das Hanseatische Oberlandesgericht hat das bestätigt.
Sind Ängste der Anwohner nachvollziehbar?
Schon. Belegt ist, dass die Rückfallquote von entlassenen Sicherungsverwahrten sehr gering ist. Aber es geht um „gefühlte Kriminalität“. Die Ängste sind auch durch verzerrte Berichterstattung von Boulevardmedien geschürt worden. Dadurch wird Unsicherheit bei den Entlassenen und in der Bevölkerung verbreitet. INTERVIEW: SUL
Öffentliche Podiumsdiskussion zur Sicherungsverwahrung: „Bürger in Angst - Justiz in Not?“ , 17 Uhr, Grundbuchhalle des Ziviljustizgebäudes, Sievekingplatz 1
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