„Es darf weh tun“

DISKUSSION Im Rathaus wird heute über Bürgermeister Smidts Zukunft beraten

■ 52, ist stellvertretender Vorsitzender der Jüdischen Gemeinde Bremen, Dirigent und Uni-Dozent für Musik.

taz: Herr Pantijelew, finden Sie es wichtig, dass Bremen über Bürgermeister Smidt diskutiert – oder eher beschämend?

Grigori Pantijelew: Nein, eine Diskussion ist in meinen Augen wichtig. Es geht um Geschichtsaufarbeitung.

Naja, aber Smidt, das ist der Vater des politischen Antisemitismus – und Bremen fängt gerade mal an, darüber nachzudenken, ob er Namenspatron von Schulen und Brücken bleiben und weiter ein unkommentiertes oder doch ein kommentiertes Denkmal haben sollte…!

Ich denke, wir leben nicht erst heute. Wir haben eine Geschichte, und die hat mehrere Schichten: Ich halte es für sinnvoll, wenn die sichtbar bleiben. Ich halte es für besser, stattdessen dem Namen seinen Kontext zu geben, das Positive nicht zu verschweigen, aber eben das Negative zu thematisieren.

Warum?

Dann fällt das Böse, das sich mit dem Namen verbindet, eben nicht nur Opfern auf, sondern es wird schmerzhaft auch für Unbefangene. Geschichts-Verarbeitung darf weh tun.

Was schlagen Sie vor?

Warum soll denn die Jüdische Gemeinde in solchen Fragen immer die Stimme des Gewissens spielen? Ich habe keine Lust, mich in dieser Debatte instrumentalisieren zu lassen: Die fing, glaube ich, als witzig gemeinter Vorschlag an, die Brücke nach Loriot umzubenennen. Auf mich wirkt es mittlerweile, als wollten sich damit politische Parteien gegenseitig ärgern. Dabei will ich ihnen nicht helfen. Zumal ich keine Flut von antisemitischen Briefen ernten möchte. INTERVIEW: BES

Es diskutieren Konrad Elmshäuser, Nicola Wurthmann, Andreas Lennert und Georg Skalecki, im Rathaus, 19 Uhr, Anmeldung erbeten unter: ☎ 0421/361 44 06