Integrationshenne auf Diät

Die 45 Interkulturellen Zentren in Köln warnen davor, die städtischen Zuschüsse auf Null zu setzen, wie es die Verwaltung vorschlägt. Sie fordern ein klares politisches Bekenntnis zur Integration

„Sie haben ein Huhn, das goldene Eier legt, und die Stadt sagt, das Futter ist zu teuer.“

VON SUSANNE GANNOTT

„Es ist ein Armutszeugnis, was die Stadt für die Integration der Migranten leistet“, wetterte der Leiter des Kölner Integrationsrats, Tayfun Keltek. Der Arbeitskreis der Interkulturellen Zentren hatte gestern ins Internationale Zentrum Groß St. Martin eingeladen, weil sich die Zentren – wieder einmal – ihrer Existenz bedroht sehen. Denn der Kämmerer möchte im nächsten Doppelhaushalt 2005/2006 die komplette Förderung für die 45 Zentren, das sind 290.000 Euro, einsparen. Dazu sollen beim Interkulturellen Referat dreieinhalb Stellen wegfallen. Das zeige deutlich, dass die Verwaltung immer noch nicht verstanden habe, was die Zentren für einen wichtigen Beitrag zum sozialen Frieden in der Stadt leisten, so Keltek, der für die SPD bei der Landtagswahl kandidiert.

Aus Protest gegen die geplanten Kürzungen kamen gestern Nachmittag rund 200 Mitarbeitende und Freunde der Zentren zum Rathaus. Dort bekamen die zur Ratssitzung eilenden Politiker einen Brief in die Hand gedrückt. In dem wurde auf die „langfristig wesentlich höheren Folgekosten“ hingewiesen, wenn die Zentren schließen müssen und ihre Integrationsarbeit ersatzlos gestrichen wird.

Die 45 Interkulturellen Zentren in Köln bieten in nahezu allen Stadtteilen Sprachkurse, soziale Beratungen und machen Jugend-, Frauen-, Senioren- und Bildungsarbeit. In den Räumen der Zentren treffen sich Selbsthilfegruppen, finden Kulturprogramme statt, in den Cafés kommen Migranten und Einheimische zusammen. „Sie haben hier ein Huhn, das goldene Eier legt, und die Stadt sagt, das Futter ist uns zu teuer“, so Keltek.

Für Juan Rodriguez, Leiter des Internationalen Zentrums Groß St. Martin, geht es daher bei dem Appell, die Kürzungspläne zu überdenken, nicht nur darum, die Existenz der Zentren zu retten. „Es geht um ein grundsätzliches politisches Bekenntnis für eine gezielte Integrationspolitik“, so Rodriguez. Leider habe es „fast schon Tradition, dass die Mittel zur Disposition stehen.“ Er erinnerte daran, dass die jetzt diskutierte Kürzung 2003 schon einmal auf der Tagesordnung stand und erst nach heftigen Proteste zurück genommen wurde. Dabei seien ja 290.000 Euro im Jahr ein „lächerlicher Betrag“, angesichts eines Migrantenanteils von rund 25 Prozent in Köln, sagte Keltek.

Noch allerdings sei über die Sparpläne nicht entschieden, betonte die zuständige Kölner Sozialdezernentin Marlis Bredehorst gegenüber der taz. Die grüne Dezernentin hat – wie ihre Kollegen – inzwischen eine eigene Sparliste erstellt mit Vorschlägen, wie ihr Dezernat die vom Kämmerer geforderten rund 2,6 Millionen Euro einsparen könnte. „In unserer Sparliste bleiben die Interkulturellen Zentren mit 290.000 Euro auf dem Stand vom Vorjahr. Auch die freien Träger und Bürgerzentren bleiben ungeschoren“, sagte Bredehorst. Sparen will sie dagegen bei den sozialen Pflichtaufgaben, da habe man „alles nochmal neu gerechnet“. So könnte etwa das Kölner Arbeitslosenzentrum künftig aus Bundesmitteln bezahlt werden. „Wir haben sinnvolle und vernünftige Sparvorschläge gemacht, die keinem weh tun“, findet Bredehorst.

Ob sich der Stadtvorstand – die Verwaltungsspitze aus Oberbürgermeister und Dezernenten – dieser Auffassung anschließt, wird sich bald zeigen. In den nächsten Wochen will die Verwaltung einen Haushaltsplan samt Sparliste vorlegen, dem möglichst alle Dezernenten zustimmen können – und der auch von der schwarz-roten Ratsmehrheit getragen wird.