HERMANN-JOSEF TENHAGEN HAUSHALTSGELD
: Rosa Finanzberatung

Unterschiedliche Angebote für Jungs und Mädchen: Was Lego machen darf, ist für Versicherer nicht statthaft

Die Kolleginnen aus der taz haben mir vergangene Woche geschrieben, dass sie in dieser Sonntaz ein Lego-Spezial haben. Lego wolle eine feminine Linie auflegen, Lego in Rosa für Mädchen quasi. Meine kleine Tochter hat bei ihren Lego-Steinen bislang solche Unterscheidungen nicht gemacht. Wichtiger ist ihr, dass die Steine leicht aufeinanderpassen und die Türme richtig hoch werden können. Hasenbilder, Teddybärenbilder und Duplo-Bauarbeiter werden gleich gern mit verbaut. Ich werde das neue Lego-Farbspektrum mit ihr wohl ausprobieren.

Als Verbraucherschützer finde ich rosa Legosteine genauso wenig problematisch wie einen Lego-Darth-Vader in Schwarz. Problematischer sind unterschiedliche Produktlinien für Jungs und Mädchen in der Finanzberatung. Als wir 2009 die Beratungsgespräche von Versicherungsvermittlern testeten, bekamen alleinstehende Mütter andere Empfehlungen als Familienväter, bei im Prinzip gleichen finanziellen Verhältnissen. Beide Testhaushalte hatten 250 Euro im Monat zur Verfügung für eine Berufsunfähigkeitsversicherung und eine Risikolebensversicherung zur Absicherung für das Kind.

Fast zwei Drittel der Vermittler wollten den Müttern ungenügenden Schutz verkaufen, die Verträge hätten also im Versicherungsfall weniger als die Hälfte des notwendigen Geldes ausgezahlt. Den Testmännern mit Kindern wurde „nur“ in einem Drittel aller Fälle solch unzureichender Schutz angeboten.

Das irritierte uns bei Finanztest, weil wir nämlich im Kern der Meinung sind, dass Angebote der Versicherungen und Banken für Kundinnen und Kunden entweder passend oder unpassend und dann entweder gut oder schlecht sind. Das Geschlecht spielt bei dieser Betrachtung – wenn überhaupt – eine geringere Rolle. Eine Risikolebensversicherung ist für die Absicherung der eigenen Kinder sinnvoll, egal ob man Mutter oder Vater ist. Eine Berufsunfähigkeitsversicherung ist empfehlenswert, wenn man von der eigenen Arbeit leben muss, unabhängig vom Geschlecht.

Eigentlich müssten wir 2013 die Versicherungsvermittler noch mal testen. Während nämlich die Zahl der rosa Legosteine vielleicht zunimmt, soll die Zahl der rosa Versicherungsprodukte abnehmen. Dafür sorgt Europa. Der Europäische Gerichtshof hat den Versicherern ab Mitte Dezember 2012 Unisex-Tarife für ihre Produkte vorgeschrieben, also gleiche Preise und Bedingungen für Männer und Frauen. Eine echte Chance für gute Testergebnisse: Wenn für gleiche Probleme Männern und Frauen dann die gleichen Lösungen verkauft werden …

Der Autor ist Chefredakteur von Finanztest. Foto: Karsten Thielker