blattschluss nrw?
: NRW war mal besser

Selbst die Landesregierung ist besorgt über den „Konzentrationstrend“ auf dem Zeitungsmarkt in NRW. Was der bedeutet, beschreibt taz-Medienredakteur Steffen Grimberg

In NRW stirbt sich‘s schneller, vor allem, wenn man eine Zeitung ist. Die Zahl aller Blätter zwischen Rhein und Weser ist von 50 auf 44 gesunken. Macht ja nichts, könnte man sagen, so ein schleichender Rückgang solide-langsam über mehrere Jahrzehnte. Doch dem ist nicht so: Die kurzen neun Jährchen von 1993 bis 2002 reichten schon aus.

Macht ja nichts, könnte man sagen, wenn‘s in der Region immer dünner wird, weichen wir eben auf ein überregionales Qualitätsblatt aus. Von der Überlegung her ist das auch nicht schlecht, doch eine große Anfrage an die nordrhein-westfälische Landesregierung zur „Situation des Zeitungsmarktes in NRW“ führt den Unterschied zwischen Theorie und Praxis drastisch vor Augen: Alle überregionalen Titel (ohne Bild) zusammen machen keine fünf Prozent der Gesamtauflage aus: Knapp 225.000 Exemplare täglich gegen fünf Millionen der Regional- und Boulevardpresse. Und das immer ohne Regionalteil. Na gut – fast immer.

Macht ja nichts, könnte man immer noch sagen, dafür sind die Regionalblätter doch ziemlich gut in Schuss. Und in 330 von 396 NRW-Gemeinden können die LeserInnen zwischen mehreren Titeln auswählen. Die Zahl stimmt – doch „mehrere“ heißt in über zwei Dritteln der Orte gerade mal noch zwei. Im Vergleich zu weiten Teilen Niedersachsens, Schleswig-Holsteins und erst recht der neuen Länder ist zwar auch das noch viel. Doch Nordrhein-Westfalen war mal besser. Viel besser. Die Zahl der Gemeinden mit drei konkurrierenden Titeln ist in nur zehn Jahren von 70 auf 60 gesunken. Und konnten 1992 noch rund eine Viertelmillion Einwohner sogar zwischen vier verschiedenen Blättern wählen, haben dieses Privileg heute gerade noch einmal – 45.000 Menschen.

Die Aussichten sind übrigens alles andere als rosig: Man beobachte „im Zuge der seit 2001 anhaltenden Zeitungskrise, dass die ökonomische Konzentration im Verlagsbereich an Beschleunigung gewinnt“, heißt es in der Antwort der NRW-Landesregierung auf die Große Anfrage: „Die Anzahl eigenständiger, ausschließlich für eine einzige Zeitung arbeitender Redaktion“ werde weiter sinken, „die Kooperationsvielfalt zwischen Zeitungen und Zeitungsverlagen“ weiter wachsen.

Und wer heute – wie in den meisten Großstädten an Rhein und Ruhr – noch zwischen drei Blättern je nach dazu geschenkter Kaffeemaschine wechseln kann, sollte sich ebenfalls vorsehen: „In den nächsten Jahren ist zudem zu befürchten, dass die Zahl der Gebiete mit drei Zeitungen kleiner werden wird.“ Sagt die Landesregierung. Aber, naja, im Moment haben Sie ja noch die Wahl: taz nrw oder – taz nrw.