Hartz-IV-Firma braucht Hilfe

Die Hertener Software-Firma Prosoz steckt in einer tiefen finanziellen Krise. Schuld daran ist die fehlerhafte Software zur Umsetzung der Hartz-IV-Gesetze in den Arbeitsagenturen

VON ELMAR KOK

Das Softwareunternehmen Prosoz ist in massiven finanziellen Schwierigkeiten. Das städtische Unternehmen ist von der Bundesagentur für Arbeit beauftragt, die Software für Hartz IV bereit zu stellen. Der Hertener Bürgermeister, Uli Paetzel (SPD) sagt, „die Lage des Unternehmens ist durchaus ernst“. Er hat die Fraktionsspitzen der Ratsparteien über die finanzielle Schieflage informiert. Alle haben Stillschweigen vereinbart.

Aus Kreisen des Unternehmens ist zu hören, die Agentur für Arbeit verlange immer weitere Nachbesserungen der Software – das ist ein Problem, weil für den Auftrag noch kein Geld geflossen ist. Denn in den Verträgen, die die Projektpartner Prosoz und T-Systems mit der Agentur für Arbeit geschlossen hatten, ist festgelegt, dass die Agentur erst dann zahlt, wenn alle Leistungen erbracht worden sind. Und das kann dauern.

Die Hertener Software-Programmierer haben noch viel Arbeit. Nachdem der Bundes-Vermittlungsausschuss die Arbeitsgemeinschaften zwischen Arbeitsagenturen und Sozialämtern beschlossen hatte, musste die Software im vergangenen Jahr erneut angepasst werden. Zusätzlich hatten die Hertener Probleme mit den geforderten Statistik-Funktionen des Programms. Der Sprecher der Bundesagentur für Arbeit, Ulrich Waschki, sagt, zusätzlich „hat es keine neuen Anforderungen an die Software gegeben“. Waschki nennt ein Beispiel, was die Hertener Software längst können müsste, aber immer noch nicht kann: „Leistungskürzungen sind noch nicht möglich.“ Wenn ein Agenturmitarbeiter einem ALG-II-Bezieher die Bezüge um zehn Prozent kürzen will, weil er einen angebotenen Job nicht angenommen habe, gehe das momentan nur über den Umweg, dem Programm mitzuteilen, der Betroffene habe schon einen Vorschuss bekommen. Dessen Höhe muss der Agenturmitarbeiter dann von Hand eintragen.

Wenn die Hertener Dienstleister alles zur Zufriedenheit des Auftraggebers erledigt haben, bekommen sie von der Bundesagentur genau 15 Millionen Euro – ein Betrag, mit dem sie die Kosten zur Herstellung und Einführung des Programmes niemals decken können. Allerdings gewann Prosoz mit genau diesem Angebot die Ausschreibung der Agentur. Die Konkurrenz von Prosoz hielt diese Kalkulation schon immer für unseriös. So berichtet Jürgen Lämmerzahl, Geschäftsführer des gleichnamigen Dortmunder Softwarehauses, „diese Kalkulation ist leichtfertig“. Sein Unternehmen hatte der Bundesagentur ein Software-Datenbank-Paket „für ungefähr 80 Millionen Euro“ angeboten.

Denn die Agentur erwarte, dass es für fünf Jahre einen bundesweiten Service gebe, der mit Fristen versehen sei, so Lämmerzahl. Binnen zwei Stunden müsse ein Fehler erkannt, binnen vier Stunden behoben sein. „Allein dafür reichen die genannten 15 Millionen nicht“, so Lämmerzahl. Seine Firma betreut jetzt 12 Kommunen, die sich für eine Umsetzung der ALG-II-Gesetze in Eigenregie entschieden haben. „Das System funktioniert tadellos“, sagt er.

Für den Geschäftsführer des städtischen Unternehmens Prosoz, Christoph Wesselmann, sieht die Kalkulation seines Unternehmens heute auch anders aus. „In der Rückschau muss man sagen, dass das zu niedrig angesetzt war.“ In der jetzigen Phase gehe es nur noch um Risikobegrenzung.