pachls nachsichten
: Kapitalisten kuscheln nicht

Der Kabarettist HEINRICH PACHL hat links seinen festen Platz

Raus zum 1. Mai, Kolleginnen und Kollegen! Aber keine Sorge, auch wenn Münte und Steinbrück auf den Raubtierkapitalismus schimpfen – Klassenkampf wird es nicht geben. Es geht um die Stimmung, vor allem bei den Stammwählern, damit am Wahlsonntag drei Wochen später die 800.000 Stimmen, die zum Sieg fehlen, noch zusammenkommen. Gerade die SPD weiß aus geschichtlicher Erfahrung als Krankenschwester am Bett des Kapitalismus: Nur wenn es dem Kapitalisten gut geht, kann es auch dem Arbeitnehmer gut gehen, selbst wenn es ihm, bis es dem Kapitalisten mal endlich irgendwann gut geht, erst mal sehr lange saudreckig geht. Man muss halt aufeinander zugehen! In die Neue Mitte, von der Steinbrück wieder spricht. Neue Mitte muss da sein, wo Fresser und Futter aufeinander treffen. Da hat die SPD doch mit Hartz I-IV so viele Vorleistungen erbracht, dass nun auch der Raubtierkapitalist etwas Entgegenkommen zeigen sollte.

Aber da ist das Problem: Wann wird das Raubtier im Kapitalisten richtig satt? Die Grizzly-Bären in Kanada zum Beispiel, wenn die nach ihrem Winterschlaf die Lachse, die die Stromschnellen hoch japsen, fangen: Erst fressen sie die ganz, um den Hunger zu stillen. Da reichen fünf. Aber dann, wenn sie satt sind, holen sie sich nur noch das Leckerste vom Lachs, den Rogen raus und schmeißen den Rest zurück. Bisschen verschwenderisch! Aber solange es genug Lachse gibt... Da gehen dann mindestens 50 drauf. Also: Je satter das Raubtier, desto mehr müssen dran glauben. Und das bekümmert natürlich Münte und Steinbrück, gerade im Wahlkampf, und ihre Unternehmer-Schelte drückt vor allem ihre vorgetäuschte Enttäuschung aus, dass sich der Raubtierkapitalist nicht zum Kuschelkapitalisten fortentwickelt hat – aus Dankbarkeit.