Die letzten Überlebenden

1.200 Menschen aus dem Ausland haben sich zum 60. Jahrestag der Befreiung des Hamburger Konzentrationslagers Neuengamme angemeldet. Am Mittwoch wird die neue Gedenkstätte eröffnet

Von Elke Spanner

Die Eröffnung der neuen Gedenkstätte auf dem Gelände des früheren Konzentrationslagers Neuengamme am kommenden Mittwoch wird eine internationale Veranstaltung. Für den Festakt am 60. Jahrestag der Befreiung Hamburgs vom Faschismus haben sich 1.200 Menschen aus dem Ausland angemeldet: Rund 260 frühere KZ-Häftlinge und deren Angehörige aus rund 20 Ländern reisen an. Die Reden werden für die Gäste in sieben Sprachen übersetzt.

Die Überlebenden, die ihre Teilnahme aus finanziellen Gründen abgesagt hatten, bekommen die Reise aus Spenden finanziert. „Der 60. Jahrestag der Befreiung hat für alle Überlebenden eine große Bedeutung“, betont Karl-Heinz Schultz, Vorsitzender des Freundeskreises KZ-Gedenkstätte Neuengamme. „Auch deshalb, weil sie sich vielleicht zum letzten Mal mit ihren Kameraden aus vielen Ländern treffen und gemeinsam der Opfer gedenken können.“

Allein aus Frankreich reisen rund 400 Männer und Frauen an. Weitere Überlebende kommen aus Russland, der Ukraine, Weißrussland, Australien, Belgien, Kanada, den USA, Dänemark, Estland, Großbritannien, Israel, Italien, Lettland, den Niederlanden, Luxemburg, Schweden, Slowenien, Polen und Tschechien. Die NS-Häftlinge, die heute in den Ländern der früheren Sowjetunion wohnen, bekommen die Reise über das seit Jahren laufende Besuchsprogramm des Senates für ehemalige NS-Zwangsarbeiter finanziert.

Für die Gäste aus anderen Ländern hatte der Senat keine Unterstützung vorgesehen. Viele mussten die Einladung ablehnen, weil sie sich die Reise nicht leisten können. Deshalb hatten Anfang März die drei Bürgerschaftsfraktionen und Kultursenatorin Karin von Welck zu Spenden aufgerufen. 12.000 Euro sind seither auf dem Konto des Freundeskreises eingegangen. „Alle, die aus finanziellen Gründen abgesagt hatten, bekommen die Reise nun bezahlt“, sagt die Sprecherin der Gedenkstätte Neuengamme, Karin Schawe.

Die zentrale Gedenkveranstaltung auf dem Appellplatz ist öffentlich, Ulrike Jensen von der Arbeitsgemeinschaft Neuengamme hofft auf die Teilnahme vieler Hamburger Schülerinnen und Schüler: „Es ist schön für die früheren Häftlinge zu sehen, dass sich auch junge Menschen für ihre Geschichte interessieren.“

In Neuengamme ist in den vergangenen Monaten ein etwa 70 Hektar großes Ausstellungs-, Begegnungs- und Studienzentrum entstanden. Im Sommer 2003 wurde das Gefängnis abgerissen, das nach dem Krieg im Kernbereich des ehemaligen KZ, dem Schutzhaftlager, eingerichtet worden war. Seither erst konnte das gesamte Gelände in die Gedenkstätte mit einbezogen werden. Soweit die damaligen KZ-Gebäude nicht mehr vorhanden sind, wurden sie durch ein Bodenrelief stilisiert. Hinzu kommen nun themenbezogene Ausstellungen im Steinhaus 2, dem Klinkerwerk und anderen Gebäuden. In Neuengamme gibt es noch 15 größere Originalbauten wie Häftlingsunterkünfte und Teile des Lagers der Wachmannschaften. „In kaum einer anderen Gedenkstätte“, so der Leiter Detlef Garbe, „sind heute noch so viele ehemalige KZ-Gebäude erhalten wie hier.“

Mittwoch, 11 Uhr, Gedenkstätte Neuengamme, Appellplatz