Weltmeisterschaft im Rotlicht

Zur Fußball-WM werden hunderte auswärtige Prostituierte im Ruhrgebiet erwartet. Dortmunder Hilfsorganisationen entwickeln nun Prostitutions-Tourismus-Konzepte

DORTMUND taz ■ Der größte legale Straßenstrich des Ruhrgebiets ist voll wie nie. Schon jetzt weichen die Prostituierten in die Wohngebiete der Dortmunder Nordstadt aus, schon jetzt häufen sich Anrufe empörter AnwohnerInnen bei Stadt und Polizei. Im nächsten Jahr werden wegen der Fußball-Weltmeisterschaft hunderte auswärtige Sexarbeiterinnen dazu kommen, erwarten Hilfsorganisationen.

„Fußball ist ein Männersport, deshalb wird es nächstes Jahr in Dortmund von Männern nur so wimmeln“, sagt Elke Rehpöhler von der Kommunikations- und Beratungsstelle für Prostituierte (KOBER), die direkt am Straßenstrich arbeitet. „Von den zehntausenden WM-Besuchern wollen sicherlich viele nach dem Fußball die Dienste einer Prostituierten in Anspruch nehmen. Darauf richten sich die Frauen ein.“ Die Sexarbeiterinnen-Branche sei erfahrungsgemäß mobil. „Viele unserer Frauen sind zur Olympiade nach Griechenland gereist. Wir können also fest davon ausgehen, dass hunderte Frauen aus Deutschland und aus den Nachbarländern zur Fußball-WM nach Dortmund reisen werden“, sagt Rehpöhler. Der Straßenstrich zwischen den Baumärkten in der Dortmunder Nordstadt könne jedoch nicht die Arbeitsstelle der WM-Arbeiterinnen werden. „Da passt keine mehr hin.“

Zusammen mit dem städtischen Gesundheits- und Ordnungsamt beraten die Streetworkerinnen zur Zeit über weitere Prostitutionsorte. „Am besten wäre es, wenn die Baumärkte die umliegenden Brachflächen für die Prostituierten zur Verfügung stellen würden“, sagt Ordnungsamtsleiter Ortwin Schäfer. „Darüber verhandeln wir zur Zeit.“ Er erwartet vor allem Frauen aus den Niederlanden und aus osteuropäischen Ländern. „Wir müssen auch verstärkt mit Menschenhandel rechnen“, sagt Schäfer.

Die Mitarbeiterinnen der Beratungsstelle Kober haben ebenso wie die Kolleginnen von der Mitternachtsmission zur WM-Zeiten eine Urlaubssperre verhängt und wollen eine 24 Stunden Hotline für die Frauen einrichten. Die Notfallnummern sollen an Hotels, Kneipen und Krankenhäuser geschickt werden und in öffentlichen Räumen ausliegen. Außerdem wollen Kober-Mitarbeiterinnen vor und nach den Fußballspielen Kondome und Informationsmaterial an die potenziellen Freier verteilen. „Es ist vor allem wichtig, dass wir den Überblick behalten, wo die Frauen arbeiten und auch die Männerströme dementsprechend leiten“, sagt Elke Rehpöhler. „Dadurch können wir den Prostituierten zumindest ein Minimum an Sicherheit bieten.“

An den anderen nordrhein-westfälischen WM-Standorten waren Prostituierte bis lang noch kein Thema. „Unsere WM-Touristen werden bei entsprechender Neigung sicherlich zu den großen Straßenstrichen nach Essen oder Dortmund fahren“, sagt Gelsenkirchens Stadtsprecher.

Auf die Nachbarstädte will sich Dortmund nicht verlassen. „Unser legaler Strich ist sowieso in der ganzen Region bekannt“, sagt Ortwin Schäfer. „Es ist wichtig, rechtzeitig ein Konzept zu entwickeln, dass die Prostitution an bestimmten Orten bündelt und sie aus der Innenstadt heraushält.“ MIRIAM BUNJES