Verpasst?
: Grundehrlich

„Das Literarische Quartett“, Fr., 22.20 Uhr, ZDF

Mit Comebacks ist das so eine Sache: Sie enthalten immer das große Risiko, die Meriten der Vergangenheit zu verspielen, und das nicht minder kleine Risiko der unfreiwilligen Selbstparodie. Wahrscheinlich waren sich Marcel Reich-Ranicki, Hellmuth Karasek und Iris Radisch dieses Problems nur allzu sehr bewusst, als sie sich, mit Elke Heidenreich (Foto) als Gast, vom ZDF zu einer einmaligen Neuauflage des Literarischen Quartetts anlässlich des 200. Todestages von Schiller bewegen ließen. Der einstündige Talk über einige Dramen Schillers wirkte ein wenig vorsichtig und gehemmt; so, als hätte sich das wiedervereinigte Quartett fest vorgenommen, ein manierliches Gespräch zu führen, so als sei es von vornherein klar, einem Dichterfürsten wie Schiller nicht viel am Zeuge flicken zu können. So dauerte es eine solide halbe Stunde, bis das Publikum im Kurhaus in Wiesbaden und vor den Fernsehsesseln auch bezüglich der Show-Elemente auf seine Kosten kam. Elke Heidenreich wollte da zumindest einmal bezweifeln, dass Hamlet (genau, Hamlet!) ein Intellektueller sei, „dieser Dussel, dieser Trottel“, und schon gleich gab es spontanen Applaus. Ansonsten aber hielt sich die Runde zurück. Sie versuchte sich einigermaßen redlich an Schiller, an Wallenstein oder den Räubern, und sie maß ihn immer wieder gern an Shakespeare – fast einmütig das Bekenntnis, dass er an diesen nur selten heranreiche. Iris Radisch bemühte sich um Aktualitätsbezug, Hellmuth Karasek pusselte drollig vor sich hin, und Marcel Reich-Ranicki durfte zwar wie üblich das letzte Wort haben, war aber alles andere als ein großer Zampano. Immerhin zeigte Elke Heidenreich, dass sie viel besser und schlauer sein kann, wenn sie nicht unentwegt loben und preisen muss. Eine grundehrliche Angelegenheit also; eine, die am Ende den ernüchternden, aber bildungsbürgerlich korrekten Eindruck hinterließ: Dichter-Klassiker schlägt Fernsehklassiker. Gerrit BARTELS