Weniger Bewerber auf noch weniger Lehrstellen

AUSBILDUNGSMARKT Trotz demografischen Rückgangs wird es eng im neuen Ausbildungsjahr

Wieder einmal könnte es im September Engpässe auf dem Lehrstellenmarkt in Berlin geben. Die Zahlen für den Monat Juli sind ein Vorgeschmack darauf.

Insgesamt wurden in Berlin 9.563 betriebliche Ausbildungsplätze angeboten, die meisten im Dienstleistungs- und Handwerksbereich. Das war ein leichter Rückgang von rund 7,3 Prozent zum Juli 2008. Im Juli dieses Jahres waren allerdings noch 7.322 junge BerlinerInnen auf der Suche nach einer Lehrstelle. Das waren zwar demografisch bedingt 28 Prozent weniger als im Vorjahr, allerdings konkurrierten sie um bis dahin nur noch 3.963 freie Ausbildungsplätze. Das heißt faktisch, rund 3.400 Jugendliche können nicht in Unternehmen untergebracht werden. Auch in Brandenburg werden im September viele Schulabgänger leer ausgehen.

„Es zeichnet sich erneut eine Verschlechterung der Situation ab“, beklagt der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB). Er kritisiert vor allem den Rückgang der Bundesmittel um 30 Prozent bei den 2.500 außerbetrieblichen Lehrstellen. Diese Ausbildungsplätze werden zusätzlich zu den innerbetrieblichen bereitgestellt, um BewerberInnen unterzubringen, die sich nicht direkt für einen Platz in einem Unternehmen qualifizieren können. Sie finden vom Land und vom Bund finanziert zum Beispiel in Werkstätten von gemeinnützigen Trägern statt. Da der Bund seit Jahren dieses Programm finanziell immer weniger unterstützt, ist das Land Berlin stärker gefragt. Insgesamt muss Berlin künftig weitere 300 Ausbildungsplätze allein stemmen.

Die Bundesagentur für Arbeit (BA) in Berlin und Brandenburg betont allerdings die hohe Dunkelziffer an BewerberInnen, die einen Platz erhalten, sich aber nicht als Suchende abmelden – eine Tatsache, die die Statistik unnötig weiter dramatisiere, so die BA.

Auch die Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände und die Handwerkskammer Berlin versuchen Entwarnung zu geben. Sie heben deutlich hervor, dass den Betrieben qualifizierte Bewerber fehlen und dass die Chancen, in der Krise einen Platz zu erhalten, keinesfalls schlechter geworden sind. Die Berliner Unternehmen seien weniger exportabhängig und spüren die Wirtschaftskrise in geringerem Maße als anderswo. Außerdem finden sich Ausbildungsbetriebe vor allem im konjunkturunabhängigen Bereich: Brötchen, Brillen und Bodenbeläge werden immer gekauft. Vielen Anwärtern auf eine Lehrstelle fehle es an grundsätzlichen Deutsch- und Mathematikkenntnissen, klagen die Arbeitgeber. Sogar Fähigkeiten wie Pünktlichkeit, Zuverlässigkeit und Freundlichkeit werden bei vielen vermisst. Alle Seiten appellieren derweil geschlossen an die Schulabsolventen, sich rechtzeitig um einen Platz zu kümmern und die verschiedenen Internetsuchbörsen und Beratungsangebote zu nutzen, um doch noch im September eine Chance auf die begehrten und raren Ausbildungsplätze zu bekommen. MOHAMED AMJAHID