„Keiner wird hingehen“

Olaf Scholz lädt zum traditionellen Festbankett

■ 23, ist Sprecherin für Soziales und Integration der Linkspartei. Nebenbei studiert sie Kulturanthropologie und Politikwissenschaft.

taz: Frau Özdemir, heute findet zum 656. Mal das älteste noch begangene Festmahl der Welt statt. Was haben Sie dagegen?

Cansu Özdemir: Das größte Problem ist, dass dieses Festmahl mit öffentlichen Geldern finanziert wird. Angesichts hoher Obdachlosenzahlen, der Wohnungsnot und einer wachsenden sozialen Spaltung in der Stadt ist es politisch nicht vertretbar, ein solches Festmahl mit Steuergeldern zu veranstalten.

Der Empfang bringt Menschen aus Politik, Wirtschaft, Wissenschaft und Kultur zusammen. Ist das eine schlechte Idee?

Natürlich ist das keine schlechte Idee, aber das Ereignis sollte von den Gästen finanziert werden, schließlich sind die zahlungskräftig.

Um wie viel Geld geht es?

Im Jahr 2011 hat das Matthiae-Mahl insgesamt 87.762 Euro gekostet. Das sind ungefähr 230 Euro pro Person. Der Senat hat uns mitgeteilt, dass sich das Mahl 2012 an diesen Kosten orientieren wird.

Haben auch Politiker der Linkspartei eine Einladung bekommen?

Ja, unsere Fraktionsvorsitzende Dora Heyenn und Kersten Artus, Vizepräsidentin der Bürgerschaft, sowie jeweils ein Mitglied aus dem Bundestag und dem Europäischen Parlament sind eingeladen worden. Von ihnen wird aber keiner hingehen.

Wenn Sie eine Einladung erhalten hätten, wären Sie hingegangen?

Nein. Ich finde es politisch nicht tragbar. Die Stadt Hamburg hat mit einem schlechten Haushalt und viel Armut zu kämpfen. In einer solchen Phase kann ich es mir nicht vorstellen, dorthin zu gehen und mir das Essen mit öffentlichen Geldern finanzieren zu lassen. INTERVIEW: JDI

Matthiae-Mahl im Rathaus, Rathausmarkt 1. Einlass nur für die rund 400 geladenen Gäste