„Wir könnten eine neue politische Kultur gebrauchen“

GRÜNE Benedikt Lux, frisch gebackener Fraktionsgeschäftsführer, über seine Pläne

■ 30, folgt als Geschäftsführer seinem Kollegen Heiko Thomas. Lux sitzt seit 2006 für die Grünen im Parlament.

taz: Herr Lux, dass Sie mal parlamentarischer Geschäftsführer werden, war ja nicht unbedingt zu erwarten.

Benedikt Lux: Warum denn?

In England heißt der Job whip – Einpeitscher. Ein Kontrolletti halt. Sie pflegen eher das Image des lässigen Linken.

Ich beschäftige mich als innenpolitischer Sprecher schon lange mit Sicherheit und Ordnung.

Ja, aber da standen Sie auf der anderen Seite. Hier sind nun quasi Sie die Ordnungsmacht.

Ich glaube, dass das eine sehr interessante Aufgabe ist und ich mich da reinarbeiten kann.

Im laufenden Betrieb?

Wieso nicht? Und mal sehen, ob das Lässige auf der Strecke bleibt – whip hin oder her.

Neben Ihnen gibt es ja jetzt noch eine nichtparlamentarische Geschäftsführerin. Macht die die Arbeit und Sie sind eine Art Frühstücksdirektor?

Ich vertrete die parlamentarischen Interessen der Grünen gegenüber den anderen Fraktionen. Meine Kollegin Catherina Pieroth wird sich um die MitarbeiterInnen der Fraktion kümmern und die Organisation für das Tagesgeschäft leiten.

Ex-Fraktionschef Volker Ratzmann legt sein Mandat nieder. Seine letzte Rede war überschrieben mit „Vertrauenskrise überwinden – Chance für neue politische Kultur“. Lässt sich das auch auf die Grünen beziehen.

Eine neue politische Kultur können wir in Berlin bestimmt insgesamt gebrauchen …

Bleiben wir bei den Grünen.

… und wir Grünen gegenüber den Zuständen im vergangenen Herbst natürlich auch. Das darf es nicht wieder geben.

Sie haben ja auch damit für sich geworben, dass Sie keinem der beiden Fraktionsflügel angehören. Sehen Sie sich in der Nachfolge der Schlichter, die sich im Herbst um die Fraktion gekümmert haben?

So gut wie Wolfgang Wieland werde ich das nie schaffen. Aber natürlich sehe ich es als meine Aufgabe an, zu vermitteln, alle einzubinden.

Fraktionschefin Ramona Pop ist bis Herbst gewählt. Kommt dann die Doppelspitze wieder?

Die ist in unserer Satzung festgeschrieben. Dass Ramona Pop die Fraktion alleine führt, ist eine Ausnahme. Was wir im Herbst machen, weiß ich noch nicht.

Ein einzelner Chef hat den Vorteil, dass kein Lager für sich einen Quotenplatz fordern kann.

Dazu müssten wir mit Zweidrittelmehrheit die Satzung ändern oder den Posten einfach nicht besetzen. Ramona Pop macht das richtig gut. Für die Frage, ob eine geeignete Ko-ChefIn im Herbst kommt, ist es jetzt wirklich zu früh.

Der rot-schwarze Senat ist bald 100 Tage im Amt. Hat er seitdem auch etwas richtig gemacht?

(Schweigen)

Gar nichts?

Also, Thomas Heilmann als Justizsenator lässt etwas hoffen. Dass er gleich ein paar Dinge vorgeschlagen hat, um den Handel mit Schrottimmobilien einzudämmen, war gut. Ich hoffe, dass er sich als liberales Element gegen CDU-Chef Henkel als Law-and-Order-Mann hält.

Ein Innensenator Henkel war für viele eine Horrorvision. Aber auch mit ihm wird Berlin nicht wirklich ein Polizeistaat.

Berlin ist aus den wildesten Zeiten sicher raus. Aber Henkel steht dennoch für eine Politik, die Grundrechte ohne Not einschränkt und nicht wirklich mehr Sicherheit bringt. Auf dem linken Auge sieht er doppelt so scharf und verschiebt damit wichtige Kapazitäten. Und er schießt fast jedes Mal übers Ziel hinaus. INTERVIEW: STEFAN ALBERTI