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: Lektion für den doppelten Bösewicht

Die Dallas Mavericks führen in der Play-off-Serie gegen Houston mit 3:2 – auch dank einer krassen Fehlentscheidung der Referees

Dass es keine gute Idee ist, sich in größerem Maßstab mit Schiedsrichtern anzulegen, muss derzeit der Fußballtrainer José Mourinho erfahren. Dessen FC Chelsea bekommt in der Champions League zu seinen Gunsten keinen Pfiff mehr, der nicht unbedingt sein muss, seit der Portugiese den schwedischen Referee Anders Frisk in den Rücktritt trieb. Seit Montag weiß auch Jeff Van Gundy, Basketball-Coach der Houston Rockets, wohin ein vorlautes Maul führen kann. In der letzten Minute des fünften Play-off-Matches gegen die Dallas Mavericks schlug deren Michael Finley Houstons Jon Barry den Ball aus der Hand, stand dabei aber deutlich mit beiden Füßen im Aus. Der Schiedsrichter ließ weiterspielen, Dallas baute seine Führung aus und gewann das Match schließlich mit 103:100. In der Serie liegen die Mavs nun mit 3:2 in Führung und können schon morgen in Houston den Einzug ins NBA-Viertelfinale schaffen. Es sei „schon sehr selten“, dass ein direkt daneben stehender Referee so etwas nicht sähe, bemerkte spitz Houstons Tracy McGrady. Jeff Van Gundy indes hatte seine Lektion gelernt. Bennett Salvatore, häufig Mittelpunkt von Kontroversen, sei „ein großartiger Schiedsrichter“, er habe halt einen Fehler gemacht.

Zwei Tage vorher hatte der Coach noch ganz anders über die Referees geredet. Ein NBA-Schiedsrichter habe ihm gesteckt, dass die Liga auf Drängen von Mavericks-Besitzer Mark Cuban die Schiedsrichter per E-Mail angewiesen hätte, ein besonderes Augenmerk auf die beiden Rockets-Center Yao Ming und Dikembe Mutombo zu richten. Tatsächlich war vor allem Yao in den ersten vier Spielen gegen Dallas Objekt einiger dubioser Foulpfiffe gewesen. Die NBA reagierte auf Van Gundys Äußerungen überaus harsch. Sie belegte ihn nicht nur mit 100.000 Dollar Geldstrafe, sondern Commissioner David Stern drohte sogar mit lebenslanger Sperre: „Wenn er weiter solche Dinge sagt, hat er keine Zukunft in dieser Liga.“

Van Gundy goss noch Öl ins Feuer, indem er kein Wort zurücknahm und ausgiebig über das Vorgehen der NBA spottete. Er sei offenkundig „ein doppelter Bösewicht“, scherzte der Coach – eine Anspielung darauf, dass die bislang höchsten Strafen gegen Trainer 50.000 Dollar betrugen, einmal gegen Miamis Pat Riley, einmal gegen Phil Jackson, der eine Voreingenommenheit der Schiedsrichter gegen Lakers-Center Shaquille O’Neal behauptet hatte. „Wenn das jetzt das Schlimmste ist, was ein Coach je in der NBA getan hat, soll’s mir recht sein“, meinte Van Gundy schulterzuckend und nannte Sterns Äußerungen „interessant“. Als ihn sein Bruder Stan, Coach bei Miami Heat, von der Strafe informiert habe, hätte er gedacht, „der macht Witze“.

Vorgeworfen wird ihm vom Commissioner vor allem ein Mangel an Kooperationsbereitschaft, weil er sich hartnäckig weigert, seinen Informanten zu verraten. „Ich kam mir vor, als ginge es um Watergate oder so“, sagte Jeff Van Gundy über seine Anhörung bei der Liga. Mark Cuban, der seit Jahren einen privaten Feldzug gegen die NBA-Referees führt und deshalb schon mehr als eine Million Dollar Strafe berappen musste, gibt zu, ein Video an die Liga geschickt zu haben, das vermeintlich bewegte, aber ungeahndete Blocks von Yao Ming und Mutombo zeigt. Außerdem hatte der Mavericks-Besitzer, um Parteilichkeit einzelner Referees nachzuweisen, vor der Serie öffentlich aufgezählt, wie viele Play-off-Spiele Dallas mit welchen Schiedsrichtern gewonnen und wie viele verloren habe. „Er ist hart mit der Liga und den Referees umgesprungen“, sagt Jeff Van Gundy, „und es hat sich ausgezahlt.“ Mark Cuban will plötzlich von Schiedsrichterschelte nichts mehr wissen und ist im Übrigen froh, „dass mal ein anderer der NBA Kaffee und Kuchen bezahlt“.

In Spiel fünf waren es allerdings nicht die selbst begangenen Fouls, die Yao Probleme bereiteten, sondern die erlittenen. Mit 30 Punkten war der Chinese zwar Topscorer seines Teams, doch fünf vergebene Freiwürfe im letzten Viertel trugen maßgeblich zur Niederlage bei. Bei Dallas hatte Dirk Nowitzki (23 Punkte) erneut eine schlechte Wurfquote, doch am Ende ließen sich die Mavericks „von nichts stoppen“, wie die Agentur AP witzelte, „nicht einmal von der Spielfeldbegrenzung.“ MATTI LIESKE