SPD gegen Kosovo-Abschiebung

Innenpolitischer Sprecher Wiefelspütz: Rücksendung in Krisenregion unverantwortlich

BERLIN taz ■ Die erleichterte Abschiebung von Kosovo-Flüchtlingen aus Deutschland stößt nicht nur bei Flüchtlingsorganisationen auf Unverständnis. „Wenn die Sicherheitslage weiterhin fragil ist, wäre es unverantwortlich, Angehörige von Minderheiten im größeren Umfang zurückzubringen“, sagte Dieter Wiefelspütz (SPD) der taz. Wiefelspütz ist innenpolitischer Sprecher seiner Partei im Bundestag und kündigte an, sich vom Innenministerium die „angeblich veränderte Sicherheitslage“ im Kosovo erläutern zu lassen.

Bundesinnenministerium und die UN-Interimsverwaltung Unmik hatten, wie berichtet, am 26. April eine „Agreed Note“ unterschrieben. Danach sollen Angehörige der kosovarischen Minderheiten Ashkali, Ägypter und Roma bereits ab diesem Monat abgeschoben werden. Die Übereinkunft, die der taz vorliegt, legt fest, dass ab Mai 300 Ashkali und Ägypter Deutschland verlassen sollen. Im Kosovo gibt es eine ägyptische Minderheit.

Ab Juli soll die Zahl der Abschiebungen auf 500 Personen erhöht werden. Die Flüchtlingsorganisation Pro-Asyl schätzt, dass rund 10.000 Flüchtlinge betroffen sein werden. Die Abschiebung von Serben, Roma, Ägyptern und Ashkali war im März 2004 ausgesetzt worden, als es im Kosovo zu Unruhen kam.

Wie Wiefelspütz kritisierte auch die Migrationsbeauftragte der Bundesregierung, Marieluise Beck (Grüne), die Abmachung des Schily-Ministeriums mit Unmik. Sie fordert eine „klare Bleibeperspektive“ für die Flüchtlinge. Beck sagte in einem Zeitungsinterview, eine massenhafte Rückkehr der Bürgerkriegsflüchtlinge sei auf absehbare Zeit ein hohes Risiko für die Betroffenen. Pro-Asyl-Geschäftsführer Günter Burkhardt bezeichnete das Abschiebe-Übereinkommen als „humanitären Dammbruch“.

Schwierig ist es, die Lage im Kosovo einzuschätzen. Die UN-Flüchtlingsorganisation UNHCR beurteilte in einem Bericht vom März die Lage als „zerbrechlich und unberechenbar“. Gleichzeitig habe sie jedoch „keine generellen Sicherheitsbedenken“ für die von der Abschiebung bedrohten Ashkali und Ägypter. Auch Nikolaus von Holtey von der Flüchtlingshilfe Pax Christi glaubt nicht, dass es „schwere Gewalttaten“ gegen sie geben wird. Aber das Leben würde den Abgeschobenen auch auf andere Weise unerträglich gemacht – durch Spottlieder oder Steinewürfe. SASCHA TEGTMEIER